Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vermutlich vom 4. August 1933Der Brief ist mit keinem Datum versehen. Die hier vorgenommene Datierung ergibt sich aus dem Kontext. Er wurde an einem Freitag und aller Wahrscheinlichkeit nach in zeitlicher Nähe zu den Briefen Paul Tillichs an Hannah Tillich von Ende Juli bzw. Anfang August 1933 verfasst. Eine letzte Unsicherheit die Datierung betreffend stellt hingegen die Wiedervereinigung Tillichs mit seiner Tochter Erdmuthe da, die sich zeitlich nicht mit der Erinnerung Margot Hahls deckt (vgl. die entsprechende Anmerkung unten).Der Brief ist mit keinem Datum versehen. Die hier vorgenommene Datierung ergibt sich aus dem Kontext. Er wurde an einem Freitag und aller Wahrscheinlichkeit nach in zeitlicher Nähe zu den Briefen Paul Tillichs an Hannah Tillich von Ende Juli bzw. Anfang August 1933 verfasst. Eine letzte Unsicherheit die Datierung betreffend stellt hingegen die Wiedervereinigung Tillichs mit seiner Tochter Erdmuthe da, die sich zeitlich nicht mit der Erinnerung Margot Hahls deckt (vgl. die entsprechende Anmerkung unten).

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Rügen 19332]

Liebste Hannah!

Also: Erdmuthe kommt morgen, Sonnabend früh um 7 hier an.3] Ich dachte erst, es wäre besser, sie einen Tag ausruhen zu lassen; aber sowohl Margot, mit der ich telephoniert habe, als auch Elisabeth haben beschlossen, daß es wichtiger ist, gleich weiter zu fahren und ihr auf dem Schiff eine Schlafkabine zu nehmen. Elisabeth wußte von ihrer Fahrt, daß das möglich ist. Das ist besser als das Hin- und Her in Berlin. Also morgen, Sonnabend Abend 7 Uhr 45 am Bollwerk4]. Ich bin ganz voll von Unge| duld nach ihr.

Vor Euch5]dagegen habe ich nach Euren Briefen6] etwas Angst. Ich habe das Gefühl, daß meine Briefe es in keiner Weise vermocht haben deutlich zu machen, wie die Dinge liegen, auch mein zweiter nicht.

1) Von einer Überredung durch die Küssel-Leute ist schon deswegen keine Rede, weil sie dagegen waren, daß ich zu G. ging und dagegen, daß ich den Urlaub einreiche. Nur darum drehte sich die Unterhaltung mit ihnen. Denn daß ich ohne Entscheidung nicht wegfahre, das war mir so selbstverständlich, daß wir darüber gar nicht gesprochen haben. Ich habe in bewußtem Gegensatz zu ihnen gehandelt.

2) Der Begriff "Revol..." scheint Dir wirk
lich etwas dunkel zu sein. Keiner, der unter ihn fällt, ist je in der Welt weggegangen, ehe er mußte. Gestern Abend war unser Kreis bei mir, darunter einige, auf die der Begriff 100%ig zutrifft. Sie waren alle ausnahmslos genau für meine Verfahren; und jeder brachte einen neuen Grund dazu. Vor allem auch um deswillen, was anders werden soll. Die draußen werden überhaupt nicht gewürdigt. Vom Standpunkt der Revol dürfte ich nicht raus und wenn ich hier verhungerte.

3) Für meinen Geist brauchst Du nicht zu fürchten. Er hat sich noch nicht halten lassen und wird sich nie halten lassen, wenn er angegriffen ist. Politisches Handeln aber ist draußen überhaupt unmöglich. Dies ist die | einzige Bedingung, die in Emils Sache gestellt wird. Dort kann ich nur Professor sein.

Lies meinen zweiten Brief genau; er enthält alles, was Du vernünftiger Weise fordern kannst. Und es gab in ganz Berlin niemanden einschließlich die wildesten Leute, die auch nur einen Augenblick anderer Meinung waren.

Alles andere mündlich! Auf Wiedersehen!

Anbei mein Brief an Lederer ins Unreine und eine Anfrage von Lilly an Carolus.

Ich liebe Dich!
Dein Paul
    Entität nicht im Datensatz vorhanden

    Personen:

    Orte:

    Literatur:

    • Graf, Friedrich Wilhelm, Paul Tillich im Exil, in: Danz, Christian/Schüßler, Werner (Hg.), Paul Tillich im Exil, Berlin/Boston 2017, S. 11-78.