Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. oder 2. August 1933

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Der editierte Text

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1Liebste c!

Nun hast Du d und e; hoffentlich ist alles ganz klar geworden. Beeinflußt bin ich von niemand, da es sich zunächst gar nicht um Entscheidungen, sondern um Feststellungen handelt. Von einer Entscheidung kann höchstens insofern die Rede sein, als ich, wenn ich hinausgehe, den Rückweg nicht abschneiden will, aber das ist ja nur die Fortsetzung meiner Grundhaltung. Entscheidungen kann es nur in drei Fällen geben:

1) Wenn wider Erwarten trotz Pensionierung der Urlaub abgelehnt wird. Dann ist klar: Abfahrt!

2) Wenn die Rehabilitierung mit unmöglichen Forderungen verknüpft ist oder schon die Verhandlungen unmögliche Formen annehmen. Dann ist ebenfalls klar: Abfahrt.

3) Wenn die Termine doch in einer solchen Weise zusammenstoßen, daß Columbia rechtlich gefährdet ist. Dann könnte es noch einmal einen wirklichen Konflikt geben. Und dann müßten wir ganz von uns aus entscheiden. Und ich glaube fast: Auch dann: Abfahrt.

Ich hoffe, Du siehst damit, daß meine innere Stimmung mehr als| je in die Weite geht. Aber ich muß mein gutes Gewissen retten.

Gestern mit gf bei Frau h, der sich selbst beurlaubt habenden Chefin der staatlichen Augustaschule. Auch sie könnte mit dabei sein, wenn i und j ein Landschulheim (ich hatte mich verschrieben)2 gründen würden. m denkt sehr über den Plan nach, hält ihn fast für die einzige Möglichkeit für sich; draußen, aber für die drinnen. n soll sofort, wenn er hier ist, bei o anrufen, da er die Sache mit ihm und jener (die schon 4 Wochen draußen gereist ist)3 besprechen kann. – In der Sache p sind zunächst nur drei Abteilungen vorgesehen: Ökonomie, Recht, Soziologie und als Band Philosophie.4 Die Sache soll aber erweitert werden; und ich halte eine pädagogische Erweiterung für durchaus möglich. – Dieses alles für q.

Heut Nachmittag bei Hans.5 Es geht ihm ein wenig besser; immerhin hat er damals auch eine Rippe gebrochen, was erst jetzt| vom Arzt festgestellt ist(!!) Hans ist völlig überzeugt von der Richtigkeit meines Verhaltens: Nicht von seinen Verfahren weglaufen! Ebenso alle mit denen ich sonst telephoniert habe. Wir (Hans und ich) haben beschlossen, daß ich einen u an v schreibe mit der dringenden Bitte, sich die Chancen nicht durch Terminstellung zu verderben. Der Brief soll so sein, daß ihn auch w versteht; dann haben wir Freiheit, bis über uns entschieden ist. Denn das gilt ja nicht nur für mich. Hoffentlich hat es Erfolg.

x herzlichen Dank für ihren Brief.6 Anbei eine Karte7 an sie; sonst nur Drucksachen. Zum Englisch reicht die Kraft leider nicht mehr. y wollte heut oder morgen fahren. Jedenfalls wartet er nicht bis Sonnabend. – Über z Ankunftszeit noch keine Nachricht. Ich freue mich so auf sie und auf die Reise mit ihr.|

Wir müssen also noch den Ort wechseln. Es ist vielerlei dabei zu bedenken. Wir entscheiden uns alle zusammen, wenn ich da bin.

Heut Nachmittag Einkauf mit aa. Deine energischen Briefe haben ihr viel Spaß gemacht. Sie wird die Sache schon gut machen. – Später kam Eure komische Karte.8 Die Namen finde ich ausgezeichnet; doch verstehe ich die gelehrte Anspielung nicht ganz.

Deine Fragen, die eben gekommen sind, sind ja durch meinen Brief beantwortet. Über Columbia weiß ich noch nichts Genaues. Da muß ich erst Brief mit offizieller Anfrage und Bedingungen abwarten. In ab Sache werden Reise und Umzug nicht bezahlt. Ob in der anderen Sache ist unklar. Bald mehr!

Gr{ü}ß herzlich!
Dein ac.

Fußnoten, Anmerkungen

1Dieser Brief ist mit keinem Datum versehen. Die hier vorgenommene Datierung ergibt sich aus seinem engen Bezug zum a bzw. dem dazugehörigen b.
2k hatte in einem vorangehenden l die Gründung eines "Volksschulheims" vorgeschlagen.
3Nicht ermittelt.
4Gemeint ist die im Aufbau befindliche "University in Exile" im Rahmen der New Yorker School for Social Research.
5Identität nicht gesichert, vermutlich ist jedoch r gemeint (siehe auch die Briefe vom s und vom t). Staudinger war etwa einen Monat lang in Schutzhaft gesessen.
6Liegt nicht vor.
7Liegt nicht vor.
8Briefe und Karte liegen nicht vor.

Register

aTelegramm von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. August 1933
bBrief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. oder 2. August 1933
cTillich, Hannah
dBrief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. oder 2. August 1933
eTelegramm von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. August 1933
fGrimme, Mascha
gGrimme, Adolf
hMayer-Kulenkampff, Lina
iMennicke, Carl August
jGrimme, Adolf
kTillich, Paul
lBrief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 30. Juli 1933
mGrimme, Adolf
nMennicke, Carl August
oGrimme, Adolf
pLederer, Emil
qMennicke, Carl August
rStaudinger, Hans
sPostkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 29. Juli 1933 [PS]
tBrief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 30. Juli 1933
uBrief von Paul Tillich an Emil Lederer vermutlich vom 2. oder 3. August 1933
vLederer, Emil
wJohnson, Alvin
xWerner, Marie Luise
ySydow, Eckart von
zFarris, Erdmuthe
aaLöwenfeld, Claire
abLederer, Emil
acTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Hannah. Papers, 1896-1976, bMS 721/3(3)
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
Berlin - Sassnitz (Rügen)
voriger Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. oder 2. August 1933
nächster Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 3. August 1933 [PS]

Entitäten

Personen

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. oder 2. August 1933, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01244.html, Zugriff am ????.

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