Der editierte Text

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Sonntag Nachm.1
Liebste b!

Inzwischen deine beiden Telegramme erhalten!2 Das erste war verstümmelt. c ist gestern hier angekommen und ich konferiere mit ihm Montag früh.3 Er spricht über die technischen Einzelheiten mit mir. Sonnabend habe ich erst stundenlang telephoniert, dann den Koffer nach e gebracht (dank f Schlüssel); dann war ich zum Mittagessen| bei hg; er hat noch einiges Gesparte. Von 1. Nov. ab nichts mehr. Er ist der allerdringendste Fall. Ich habe gedacht, daß er mit i zusammen vielleicht ein Volksschulheim irgendwo aufmachen soll. j soll sich das mal durch den Kopf gehen lassen. – Hans4 geht es nicht gut; er hat sehr Schweres erlebt. Er ist da, wo er ist, durch die Tapferkeit und unermüdliche Energie seiner Frau.5 Immerhin ist er restlos ausgeschaltet, darf sich nicht rühren, kann nicht weg und ist mit den Nerven ganz am Ende. – n kommt zu uns, wenn wir ihn ganz einladen, was ich tat. – Zwischendurch| eine halbe Stunde mit o, die sehr fein und gewieft ist und in vollster Empörung. –

Dann im Küssel;6 dort allerhand Jungens vom Kunstdienst.7 Vor dem Abendbrot allgemeines Baden (so daß ich keinen Tag ausgesetzt habe) Am Abend mit den 4 Besprechung des w Prospektes.8 Starke Kritik an der Besetzung, die in der Tat infolge des Fehlens der Frankfurter recht fragwürdig ist. Darum ist das zweite Telegramm9 sehr wichtig. Diese Kombination kann sehr gut sein. Trotzdem wie zu erwarten, im| Küssel stärkste Tendenz für Hierbleiben. Heut früh Rudern mit y, dem Entlassung ohne Pension droht und der höchst deprimiert ist. Unter Umständen muß man auch für ihn was tun. Dann wieder Baden und Abfahrt zu z, von dem ich jetzt komme, um zu aa zu fahren (dazwischen im Kaffe Vaterland den Brief schreibend.) ab über alles sehr pessimistisch, hält den Ruf nach draußen für eine Fügung, um dem kommenden Unheil zu entgehen (Weitere Weltwirtschaftskrise wegen Scheiterns der Verständigungen). Meint, daß ich hier auf einer bindenden Zusage bestehen müßte. – Morgen Nachmittag ac| vom Kunstdienst, der sehr viel weiß, auch daß man sich über mich sehr den Kopf zerbricht. – ad zu einer Ausgrabung gereist, reist Montag an. – Man hat hier das Gefühl, daß die stärkste Negativität bei großen Massen eingesetzt hat. – Auf Bahnhof ae traf ich auf 5 Min. af, mit einem Mitglied des Blätterkreises,10 der mir sagte, er hätte gehört, daß ah, mich als Professor haben wolle. Ich weiß nichts davon. – Das Exposé ist sehr schwungvoll und| gut. Die Sache sieht auch sicher aus. Wenn nur bessere Leute dabei wären! – – Über ai noch nichts gehört; vielleicht muß ich Mittwoch doch noch bleiben.

Leb wohl, liebste, süße aj!
Grüß die andern!
Dein ak

Fußnoten, Anmerkungen

1Das Briefmanuskript ist undatiert. Der Kontext ermöglicht die Datierung.
2Liegen nicht vor.
3Hintergrund ist die mögliche Mitarbeit Tillichs an der New Yorker "University in Exile", vgl. den d.
4Identität nicht gesichert, es dürfte sich aber um k handeln. Dieser war von Mitte Juni bis Mitte Juli 1933 in Schutzhaft gesessen.
5Vermutlich l (vgl. auch die m).
6Gemeint ist das "Haus auf dem Küssel", in dem p und q bzw. r und s lebten. Die Wohngemeinschaft bestand seit 1925, im Jahr 1931 war das Haus um einen modernen Zubau nach Entwurf des Architekten t erweitert worden, den Tillich mit einem Vortrag über "u" eingeweiht hatte.
7v, der Architekt des Hauses auf dem Küssel, war ein Mitbegründer des "Kunstdienstes der evangelischen Kirche" gewesen.
8Siehe hierzu auch die x.
9Liegt nicht vor.
10Gemeint sind die ag.

Register

aPotsdam
bTillich, Hannah
cSpeier, Hans
dPostkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 29. Juli 1933 [PS]
eBerlin-Tempelhof
fWerner, Marie Luise
gGrimme, Adolf
hGrimme, Mascha
iMennicke, Carl August
jMennicke, Carl August
kStaudinger, Hans
lStaudinger, Else
mPostkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 29. Juli 1933 [PS]
nGrimme, Adolf
oKlotz, Evamaria
pLöwenfeld, Claire
qLöwenfeld, Günther
rPincus, Fritz
sPincus, Lily
tHirzel, Stephan
uTillich, Das Wohnen, der Raum und die Zeit. Rede anläßlich der Einweihungsfeier des ..., 1933
vHirzel, Stephan
wLederer, Emil
xPostkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 29. Juli 1933 [PS]
yWegener, Carl Richard
zSeeberg, Erich
aaFritz, Alfred
abSeeberg, Erich
acSchneider, Gotthold
adSydow, Eckart von
aeGrunewald
afSohn-Rethel, Alfred
agHeimann (Hg.), Neue Blätter für den Sozialismus. Zeitschrift für geistige und politische G..., 1930
ahLeiden
aiFarris, Erdmuthe
ajTillich, Hannah
akTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Hannah. Papers, 1896-1976., bMS 721/3(3)
Typ

Brief, eigenhändig. Briefpapier ist auf dem Briefkopf bedruckt: "Das Haus auf dem Küssel. a, Küsselstraße 40-41, Fernruf 5034"

Postweg
Potsdam - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 29. Juli 1933 [PS]
nächster Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 31. Juli 1933 [PS]

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 30. Juli 1933, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01240.html, Zugriff am ????.

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