Der editierte Text

|

Liebste Hannah (Details anzeigen)!1

Heut Vormittag hatte ich einen Brief an Dich angefangen. Da kam Dein großer Brief,2 den mir M. L (Details anzeigen) zum Mittagessen mit Frede (Details anzeigen), Schreiner3 und Elisabeth Hanau (Details anzeigen)4 in die Stadt mitbrachte. Nun ist wieder alles anders und ich muß von vorn anfangen. Ich habe jeden Tag an Dich geschrieben und immer gesagt, wie viele Briefe von Dir angekommen sind. Ich versuche auch, auf alles zu antworten, so weit ich es verstanden habe; doch lagen manchmal Unklarheiten vor.

Also zunächst zu Deinem Brief: Die Besprechung von Zurhellen-Pfleiderer (Details anzeigen) soll ruhig kommen. Sie kann auf keinen Fall etwas schaden. – Was Emmy Frey (Details anzeigen) betrifft, so haben wir uns um H. Schafft (Details anzeigen) sehr angefreundet. Im Übrigen ist sie so radikal gebunden, wie nur selten jemand. Ihre Briefe5 bezogen sich auf Sorgen meinet- und Hermanns (Details anzeigen) wegen. Eine Revanche wäre hier wirklich nicht angebracht gewesen. Aber auch sonst freue ich mich, daß Du nicht in Mannheim (Details anzeigen) warst. Denn dieses wäre mir schwer geworden. Als heut| bei der ersten Post kein Brief von Dir da war, war ich ganz traurig und verlassen. Schreib immer, wie ich unbedingt täglich schreibe.

Sobald Du den Brief vom Dekan (Details anzeigen) hast, gehe damit zu Kurt6 und Julia7 und erkundige dich 1) Wer sonst noch etwas bekommen hat. 2) Wie wir gemeinsam reagieren sollen. Läßt sich das nicht feststellen, so muß ich kommen, wenn auch nur für einen Tag, Anfang nächster Woche. Denn es kommt alles darauf an, daß dieses richtig gemacht wird, wenn ich nicht gleich ganz heraus will. Jedenfalls werde ich, wenn ich eine solche Aufforderung habe, sofort nachdem du geschrieben hast, ins Ministerium gehen. Ich habe dann einen dienstlichen Anlaß.

Gestern war ich bei Arnold (Details anzeigen). Seine Hochschule8 ist für Tage geschlossen. Er hat sein Urlaubsgesuch eingereicht und nimmt einen gleichzeitig eingetroffenen Ruf nach Amerika (Details anzeigen) an. Doris (Details anzeigen) ist traurig, aber tapfer. Gleichzeitig war Fritz Berber (Details anzeigen) da, ein Jurist| und Barth (Details anzeigen)-Schüler, dem ich den Brief von Barth (Details anzeigen) (Details anzeigen) gab und der ihn als Ausdruck seiner Fremdheit gegenüber der Situation empfand. Beide rieten mir zu New York (Details anzeigen), durch Niebuhr (Details anzeigen), den Übersetzer meines Buches (Details anzeigen). Natürlich ist das nicht so einfach, da die Verständigung so schwierig ist. Doch will ich es versuchen. Ein Jahr N. Y. (Details anzeigen) wäre nicht schlecht. Ich lerne weiter englisch. – Vorgestern war ich mit Goma (Details anzeigen) und Frau zusammen. Wir haben ihre Zukunft besprochen, die hoffnungslos ist, da Goma (Details anzeigen) Jude ist. Er wird nach Spanien (Details anzeigen) gehen, zunächst zu Eva (Details anzeigen), dann weiter. – Günther (Details anzeigen) arbeitet an einem Gesuch für seine Zulassung als Anwalt, worin er alle seine nationalen Heldentaten aufzählen muß. Mich durchläuft es heiß vor Scham bei diesen Dingen. –

Ich kann immer bei Elisabeth (Details anzeigen) wohnen und will im Augenblick nicht das Centrum der Entscheidungen verlassen. Zu erwägen wäre, falls ich nicht nach Frankfurt (Details anzeigen) muß, ob Du nicht mit einem Erwin (Details anzeigen)-Auto hierher kommen sollst; doch ist vor Sonnabend nichts zu sagen. Bis jetzt hängt für mich alles von Deinen| Briefen ab. Wie gehts Erdmuthe (Details anzeigen)? Ich habe die letzten Nächte sehr gut geschlafen. Bei Elisabeth (Details anzeigen) kann ich für 2 M täglich unbegrenzt bleiben. Sie ist glücklich und rührend zu mir.

Jetzt muss ich los! Leb wohl, liebe süße Hannah (Details anzeigen)! Morgen mehr! Denk lieb an mich. Du hilfst mir damit zu allem!

Dein

Paul (Details anzeigen)


Fußnoten, Anmerkungen

1Dieser undatierte Brief lässt sich grob auf die erste Aprilwoche 1933 datieren. Er steht inhaltlich im Zusammenhang mit weiteren undatierten Briefen Tillichs an seine Frau vom April 1933.
2Liegt nicht vor.
3Identität unsicher, womöglich Helmuth Schreiner (Details anzeigen).
4Identität nicht ermittelt.
5Liegen nicht vor.
8Die Deutsche Hochschule für Politik in Berlin (Details anzeigen).

Register

aTillich, Hannah
bWerner, Marie Luise
cFritz, Alfred
dSchreiner, Helmuth
eHanau, Elisabeth
fZurhellen-Pfleiderer, Else
gFrey, Emmy
hSchafft, Hermann
iSchafft, Hermann
jMannheim
kLommatzsch, Erhard
lGoldstein, Kurt
mRiezler, Kurt
nMannheim, Julia
oMannheim, Karl
pWolfers, Arnold
qBerlin
rVereinigte Staaten von Amerika
sWolfers, Doris
tBerber, Fritz
uBarth, Karl
vBrief von Karl Barth an Paul Tillich vom 2. April 1933
wBarth, Karl
xNew York City
yNiebuhr, H. Richard
zTillich, The Religious Situation, 1932
aaNew York City
abGoma
acGoma
adVereinigte Staaten von Amerika
ae???, Eva
afLöwenfeld, Günther
agSeeberger, Elisabeth
ahFrankfurt am Main
aiKleyer, Erwin
ajFarris, Erdmuthe
akSeeberger, Elisabeth
alTillich, Hannah
amTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Hannah. Papers, 1896-1976, bMS 721/3(6)
Typ

Brief, eigenhändig.

Postweg
Berlin - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. April 1933 [PS]
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich verm. April 1933

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich verm. April 1933, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01393.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

{{Internetquelle |url=https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01393.html |titel=Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich verm. April 1933 |werk=Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition. |hrsg=Christian Danz, Friedrich Wilhelm Graf |sprache=de | datum=04.1933 |abruf=???? }}
L01393.pdf