Der editierte Text

|
a. 4. X. 07.
Liebes b!

Endlich komme ich dazu, Dir auf Deinen lb. c zu antworten. Ich freue mich recht, daß Du noch einmal in Erholung gegangen bist. Das Wetter war ja wieder schön. Mein Geburtstag war so schön wie es unter den Umständen möglich ist. (Übrigens protestiere ich gegen die Angabe Deines Gedenkbuchs, das mich 2 Tage älter macht als ich bin.1 Ich erlaube mir am 26 IX. die Welt durch meine Anwesenheit in Entzücken versetzt zu haben.) Eine besondere Freude war die Anwesenheit meiner englischen Geschwister. Auch die Menge der Briefe u. Karten zeigte mir, daß Mancher an mich dachte, aber der liebste Glückwunsch fehlte denn. Da muß man immer wieder nun dran lernen. – In der letzten Zeit kam ich nicht | viel zum Arbeiten. Ich bin Hausvater u. Hausmutter zugleich, da meine e zu meiner f reisen mußte, die an Nierenentzündung krank liegt. Doch habe ich mich jetzt in die Psalmen hineingestürzt u. hoffe rasch vorwärts zu kommen. Deine Freude an g verstehe ich, denn er ist Poet. U. jede Schwierigkeit verschwindet unter seiner künstlerischen Intuition. In den Grundzügen ist er auch jetzt noch maßgebend, aber in Vielem ist er übers Ziel geschossen. Es wäre fein, wenn wir miteinander darüber reden könnten, schließlich kommt man eben auf die Frage der atheistischen Geschichtsforschung2. Auch daß Du i Schüler bist, ist mir interessant. Ich bin ja zur Zeit j Schüler, der k bei jeder Gelegenheit infam behandelt. Da könnten wir uns wunderschön die Haare ausraufen. Übrigens habe ich Dich im Rundbrief abscheulich behandelt u. hoffe, daß Du trotzdem nicht jeden Verkehr mit mir abbrichst. Jetzt will ich in l m gehen. | Ich kann mich zwar nicht sehr für begeistern, aber er ist nun mal in n. Professor u.s.w. Es ist schon gefährlich, daß ich nicht in seine Kollegs gehe. Ich habe ihn als Menschen ganz gern, aber im Kolleg ist es mir etwas zu umständlich. Jedenfalls ist er das Vorbild eines edlen Menschen – – daß Du Dich für o begeisterst kann ich verstehen, aber ein Luftgeschäft ist es doch. Er ist allerdings frei von allem "Schielen nach der Praxis" u. das ist ja nach Deinem Rundbrief ein großer Vorteil. Die Erlaubnis zum Aktivwerden will ich Dir geben, wenn Du versprichst Dich nicht zu sehr in Verbindungsangelegenheiten zu stürzen u. vor Allem zeitig ins Bett zu gehen. Wenn p x3 würde, wäre es sehr fein. Er hat ja letztes Sem. viel geschafft, so hat er einen Vorsprung. Freilich brauchte er von Deiner Seite viel Weisheit gleich von Anfang an, damit er nicht als Deine Maschine erscheint, was seine Stellung sehr erschweren würde. | Zur Zeit lese ich q "r". Etwas hölzern erscheint er mir. Vielleicht ist er zu hoch für mich. Mehr Genuß macht mir "s" von tu. Er ist ein Freund v u. w. Seine Würdigung des †s entspricht etwa der x: Offenbarung der Gnade u. des Gerichts. Nun lebe recht wohl, erhole Dich gut u. rutsche gut ins neue Semester. Für das Schwindsuchtsbild herzlichen Dank. Leider ist es gut getroffen. Wenn ich aber mal Pfarrer im y bin. –

Mit herzlichem Gruß
Dein z.

Fußnoten, Anmerkungen

2Vgl. h.
3Als X bezeichnet man einen Erstchargierten oder Fux. Der X fungiert als Sprecher der Verbindung.

Register

aStuttgart
bTillich, Paul
cBrief von Paul Tillich an Alfred Fritz vom 22. September 1907
dBrief von Paul Tillich an Alfred Fritz vom 22. September 1907
eFritz, ???
fFritz, ???
gWellhausen, Julius
hSchlatter, Atheistische Methoden in der Theologie, 1905
iWeiß, Bernhard
jBeyschlag, Willibald
kWeiß, Bernhard
lHäring, Johann Theodor von
mHäring, Der christliche Glaube: Dogmatik, 1906
nTübingen
oValentinus, Gnosticus
pKilger, Albert
qWobbermin, Georg
rWobbermin, Der christliche Gottesglaube in seinem Verhältnis zur gegenwärtigen Philoso..., 1902
sMezger, Das Kreuz Christi und das moderne Denken. Ein erweiterter Vortrag, 1907
tMezger, Paul
uBasel
vHäring, Johann Theodor von
wLoofs, Friedrich
xLütgert, Wilhelm
ySchwarzwald
zFritz, Alfred

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Paul, 1886-1965. Papers, 1894-1974, bMS 649/143(11)
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
Stuttgart - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Alfred Fritz vom Oktober 1907
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Alfred Fritz an Paul Tillich vom 29. Oktober 1907

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Alfred Fitz an Paul Tillich vom 4. Oktober 1907, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00220.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

{{Internetquelle |url=https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00220.html |titel=Brief von Alfred Fitz an Paul Tillich vom 4. Oktober 1907 |werk=Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition. |hrsg=Christian Danz, Friedrich Wilhelm Graf |sprache=de | datum=04.10.1907 |abruf=???? }}
L00220.pdf