Brief von Paul Tillich an Alfred Fritz vom 22. September 1907

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Der editierte Text

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a, d. 22. Sept. 1907.
Mein lieber b!

Da in meinem „Vergiß mein nicht“ Du unter dem 24ten September1 verzeichnet stehst, wir aber morgen nach e fahren – staune nur – will ich schon heute meinen Geburtstagsglückwunsch Dir aussprechen. Welchen Inhalt diese Form bei einem Examensarbeiter haben muß, ist ja klar im allgemeinen, aber im speziellen liegt die Sache schwieriger, da – wenigstens nach Deiner Behauptung – von der Art des Durchkommens Dein Sein oder Nicht-Sein in Europa abhängt. Da wünscht denn mein ἄνθρωπος πνευματικός (f Gnosis), daß Du vermittelst einer 1-2 zu den Negern befördert wirst, und mein ἄνθρωπος ψυχικός, daß Dich eine 3b in „das Pfarrhaus im g“ als „ἄρχων τοῦ τόπου μεσότητος“ für alle Berliner und sοnstige Milchgesichter in weißen Kouleuren bringt. Da ich augenblicklich heimlicher Anhänger von h bin, so muß ich mich wohl für das erste entscheiden. Also in diesem Sinne viel Segen! – Was die Reise nach i betrifft, so| will ich Dich gleich beruhigen; es ist die Verlegung unseres ganzen Haushalts mit Mädchen u. allem auf 14 Tage an die Ostsee, die mein j noch braucht und die uns so noch am billigsten kommt kommt [sic!] . Ich werde mich natürlich mehr mit kl. k und l wappnen, als mit Spaten, wie im Sommer. – Herzlichen Dank für Deinen m; es geht mir mit der Arbeit genau so wie Dir. Bis jetzt habe ich Amos übersetzt ({¿¿¿}0!! Vokabeln aufgeschlagen, alphabetisch geordnet, und im Begriff sie auswendig zu lernen); es ist doch etwas feines und Deine Freude am Hebräischen immer weniger horribile dictu. Dazu kommt, daß ich mit wachsender Begeisterung n o gelesen und gestern vollendet habe; ich habe selten einen Roman mit soviel, [sic!] Spannung und Interesse gelesen, ordentlich zitternd vor jedem Gegen|:beweis:| und jubelnd bei jeder Absägung durch p. Du wirst über diese fuxenhafte erste Liebe lächeln, aber ich bin im A-T ja weniger als ein Fux und q der Geist, der mir die Finsternis etwas zu durchstrahlen scheint. Wie gern würde ich mit Dir da| über tönen und Dein „wissenschaftlich gereiftes (!) (?) Urteil“ vernehmen! Dann kommt Hosea dran und vielleicht die übrigen „Kleinen.“ – Kirchengeschichte bin ich jetzt, wie Du ja gesehen hast, mitten in der Gnosis. Das meiste ist Unfug; aber für r begeistere ich mich jetzt noch ebenso, wie in meinem ersten Semester, als ich zum ersten Mal davon las! – Neues Testament arbeite ich Einleitung und bin mit Thessalonicher- und Galater [sic!] fertig, was deshalb etwas besagen will, weil ich s, t und u gemeinsam durcharbeite, was natürlich viel Zeit in Anspruch nimmt. – Überhaupt ist das Problem, das richtige Verhältnis zwischen Gründlichkeit und Behältlichkeit herauszubekommen. Ersteres ist natürlich ungleich sympatischer, aber fürs Examen unpraktisch. Dir gehts ja ebenso! – Mittwoch bis Freitag war mein v hier, der von w zurückkam; wir waren noch sehr nett 2 Tage zusammen; vielleicht fahre ich noch auf ein paar Tage zu x – Der Rundbrief hat einen verheißungsvollen Anfang genommen. Hoffentlich bist Du mit den Statuten einverstanden. Jedenfalls kann die Ordnung bleiben. Die Predigt hatte ich meiner| y gegeben und vergessen, mitzuschicken! – das „donum superadditum“ [sic!] ist also das „Menschentyp“2; ich bin neugierig, ob dies gefällt; es ist glänzend getroffen, aber etwas blaß. – Ich hoffte, z würde noch nach aa mitkommen; er hatte seine Lust ausgesprochen und es würde ihm sehr gut tun. – Dienstag macht ab sein IItes Examen! – Soll ich noch aktiv werden? Augenblicklich schwankt die Wage sehr nach „ja“. Besonders mein ac wünschts. – ad muß es noch; ich habe die heimliche!! (nichts sagen!) Hoffnung, ihn zum x3 zu machen; nach 3 Wochen wird ein neuer gewählt! Es wäre für ihn und ae famos! Nicht wahr? – Schreibe an meine Berliner Adresse! Es wird alles sofort nachgeschickt! – Und zwar bald!!!

Herzlichen Geburtstagsgruß sendet Dein
treuer af.

Fußnoten, Anmerkungen

1Tillich irrt. c hatte am 26. September Geburtstag. Vgl. d.
2Tillich scheint Fritz ein von diesem erbetenes Portraitfoto geschickt zu haben.
3Als X bezeichnet man einen Erstchargierten oder Fux. Der X fungiert als Sprecher der Verbindung.

Register

aBerlin
bFritz, Alfred
cFritz, Alfred
dBrief von Alfred Fritz an Paul Tillich vom 4. Oktober 1907
eMisdroy
fValentinus, Gnosticus
gSchwarzwald
hValentinus, Gnosticus
iMisdroy
jTillich, Johannes Oskar
kLoofs, Friedrich
lSteuernagel, Carl
mBrief von Alfred Fritz an Paul Tillich vom 19. September 1907
nWellhausen, Julius
oWellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels, 1899
pWellhausen, Julius
qWellhausen, Julius
rValentinus, Gnosticus
sJülicher, Adolf
tWeiss, Karl Philipp Bernhard
uZahn, Theodor
vMeinhof, Heinrich
wHinterpommern
xRöhricht, Eberhard
yFritz, Johanna
zSchafft, Hermann
aaMisdroy
abBüchsel, Friedrich Hermann Martin
acTillich, Johannes Oskar
adKilger, Albert
aeBerlin
afTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Paul, 1886-1965. Papers, 1894-1974., bMS 649/143(11)
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
Berlin - unbekannt
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Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Alfred Fritz vom 22. September 1907, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00215.html, Zugriff am ????.

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