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, den 7. 9. 06.

Mein lieber Junge!

Vor mir sämmtliche Kirchenväter bis auf Hilarius... grüße ich Dich an meinem massiven Stehpult stehend – fehlt nur noch Sammetjacke – als freiwilliger Mitarbeiter für Anstellung positiver Licentiaten durch den b K. R.. mit gebührender Ehrfurcht –

πρωτον μεν ευχαριστω für Deinen Brief1] mit der zarten Glosse am Schluß, die ein späterer Εxeget, Deiner Briefe – ich denke daran, wie wir es augenblicklich mit denen von Firmilian v. Caeserea machen – sicherlich für unecht erklärt, da| die bescheidene Anfrage nach dem Einschnappen zu dem sonstigen frechen Ton nicht paßt. – Mir ist in der ganzen Dogmengeschichte – Firmilian und etwa den Presbyter – "Malchion" abgerechnet, – noch keine ähnliche Art vorgekommen.

Und nun gar das kirchenpolitische Manöver. Zänker verlegt in den Beiträgen – ist einigermaßen positiv, obwohl er ganz froh war in Erlangen, auf die Bekenntnisse (FormulaConcordiae¿¿¿ ¿¿¿ pp.) nicht quia sondern quatenus verpflichtet zu werden. Seine Arbeit war autant que je sais Kirchengeschichtlich. Im übrigen hat er sich wohl viel mit der altlutherschen Orthodoxie herumgeschlagen.| Er ist in Godesberg glücklich verheiratet. Seine Frau kenne ich nur dem Namen nach. –

Na, genug des Daddelns –

Also: positiv, abkömmlich, – hie in Erlangen, begabt, – weder moderne positive Theologie, noch Theologie des alten Glaubens sondern Hallenser z. T. Schmuel-Kremer Schlatter. – Natürlich, alles soweit ich ihn kenne! Jedenfalls diesseits des Glaubens cf. seine Aufstellung gegen den liberalen Römer.–

Doch davon genug! Ein wenig noch zu Dir. – Deine Arbeit macht mir von ferne Freude; nur bitte ich Dich energisch, mir Deine neue Rechtfertigungslehre schleunig mitzuteilen. Mit solcher oberflächlichen Eleganz Schmul abtun – kann| jeder. Bitte aber dringend um die Position àla Paul T:.. – Ich habe zu solchen Tiefen keine Zeit. Das wirst Du an meiner Arbeit deutlich merken. Zu einem vorherigen Durcharbeiten des Epheserbriefes rate ich dir in meinem Interesse nicht. – Fast freue ich mich, wenn ich Dich etwas mit Nachschlagen quälen kann. – Heute hat meine Mutter einige Tage von den gräßlichsten Schmerzen geplagt sich einige Zähne reißen lassen – Menschenskind (in Narkose – ) wie habe ich an Dich denken müssen. – Ein Häufchen Unglück lagst Du vor mir damals vor der Metzelei in Tübingen. Eigentlich mußt Du sehr dankbar sein für das verflossene Lebensjahr! Laß Dich aber doch hin u. wieder untersuchen. So ganz sorglos zu sein, ist nicht recht.| Im übrigen ist's mit meiner Mutter pp. gut gegangen – freilich hat sie noch Fieber. – Daß Dir der x – reizende Karten schreibt, oft ja sehr nett – mir hat er auch eine geschrieben, worauf er mitteilt, daß er statt über mich zu reisen – den Rheinweg wählt. Na schön.. Dafür kommt Daniel Schubert. Meine Arbeiten – ach Paulchen – Na ich freue mich auf die entlegene Bude.. Heute Nacht komme ich nicht vor 2 in die Falle. Es wird Birnenmuß gerührt. So könntest du Hermann Schafft rührt an seinem Birnenmus mich vor unserem Waschkessel in dem die Birnen brodeln rührend im wahrsten Sinne stehen sehen. S' wär noch netter wie ein Bummel, das gemeinsam tun zu| können. Die Nachtstunden streichen langsam dahin – herrliche Düfte aus dem Kessel umgaukeln die Nase – dazu dann träumt man allerlei Zwangsvorstellungen durch das immer gerührter werdende Mus veranlaßt. –

Ja, überhaupt mein Junge, Dir wäre es viel besser statt in so abgelebten Bädern herumzukultivieren mal hier Landbrot zu essen u. Milch zu trinken – in den Wäldern – nicht nur im Gärtchen zu leben etc. Wenn ich mein Examen bestehen sollte – mußt Du mal hier her, Du wirst dann von mir zu dem Deinigen eingepauckt.| Im übrigen bist Du dann – übers Jahr 7tes Semester!! – Wenn ich denke, daß ich 8tes bin so graut mir ganz entsetzlich. Es müssen Wunder geschehen. –

Die Historiografie habe ich dankend erhalten – u. pflichtschuldigst korrigiert.2] NB sind hoffentlich die Schlatterpredigten bei Dir angekommen? Von dem X und mir, in aller Bescheidenheit δόσις ὀλίγη τε φίλη.– Beinahe hätte ich Dir noch ein Bild der Laokoongruppe zugeschenkt. Der Geburtstag des ersten schreibt: schon ¿¿¿ auf sächsischem ¿¿¿ ist am 26 September. – Nun ist – wo Du das weißt – die Hauptspannung Deinerseits auf diesen Brief (exegetisch berechtigter Schluß nach deinen sogen. "Briefen".)| gelöst – und ich kann billig aufhören. Wie ists mit deinem neuen Menschen aber – κατὰ σάρκα (Fast Seebergsches Paradoxon) – läufst Du nun immer in Deinem Extrem herum d.h. Frack pp?? oder ist in das schön geschmückte Haus der alte Teufel mit 7 Geistern seiner Art behaglich zurückgekehrt... Was kann ich Armer Examenskandidat denn noch tun – hoffentlich hast Du Mitleid und kommst recht geschraubt und geölt nach Ha! – Gestern war D Eike (Bonn) hier, wollte mit mir kirchengeschichtlich sich unterhalten – nb. weißt Du (silentium!!!) vielleicht irgend einen liberalen Licentiaten – ich meine.... na – also – wegen bestimmter Zwecke.... die Eike u. ich gemeinsam verfolgen.... Na, lieberL Paul, nun schreib' mir bitte schnell mal einen reizenden Brief, damit ich sehe, daß Du mich ein bisschen bemitleidest oder so was ähnliches... Dazu: Themen für die Arbeit fällig in 14-21 Tagen. Meine neue "Ref. lehre" v. P Till..

Leb' wohl mein boy! Mensch denk' an Tübingen u. sei dankbar! Was haben wir's so gut
Dein tr. Herm

PS 11/4 h: eben vom Rühren kommend noch gute Nacht – habe deinen Dickens in Auswahl vorgelesen: Podsnapperei u. ¿¿¿ (glänzend!)

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    Literatur:

    • Dickens, Charles, Sämmtliche Werke: Aus dem Englischen. Unser gemeinsamer Freund ; 1. Deutschland: Hoffmann, 1870.