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Laetare: 07. 10. III. Halle

Lieber Paul,

Du kommst - falls Du nicht mit dem Neffen im Dom warest oder Deine Sonntagsfeier auf heute Nachmittag verschiebst - gerade wie Dalton her, der weilen ich mich mit Lorenz an einer P.... Gerhardt Predigt von Märenhof erbaut habe!

Um diese Zeit hast Du sonst bei mir gesessen, deshalb schreibe ich Dir nochmal - der letzte Brief vor meinem Examen. - Dein lb. Vater wird sich über Deine Wahl gefreut haben, wie wir auch. Hoffentlich ist es möglich ἐν ἀγάπη ohne das αληθευειν zu umgehen ein Semester zu haben nach Wunsch. In Betreff Deiner Pauken schreibe ich dir noch dies: es kommt nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch auf das Wie! Jedermann soll es wissen| daß ein absoluter Ernst hinter der Sache steht und, daß es wirklich schließlich darauf immer ankommt, ob man persönlich zu Christus steht oder nicht - aber: Das läßt sich sagen - so daß man das Wort nicht braucht. Du weißt vielleicht selbst, daß ich gegen Prüderie, solange sie ein Deckmantel von Halbheit, oder auch Unwille zur Förderung des andern ist - durchaus abgeneigt bin; aber in Reden ist sie gut! Denn man kann Ärgernis geben! Man müßte das riskieren, wenn man eben nicht in andrer Form dasselbe doch sagen könnte. Du verstehst mich vielleicht! Unsere Worte im Umgang greifen sich ab - und wir wollen dazu nicht das letzte, was wir haben, brauchen. Den "neuen Namen" erfährt in der Apocalypse 217 nur der, der ihn bekommt. -

Und noch ein anderes. Wir haben hier in Halle eine Terminologie und | mit solcher ist die Gefahr gegeben, daß sie formelhaft wirkt.- Daher ist das schon ganz recht, wenn Du es anders wenden und angreifen willst als wir - persönlich, neu erfassen etc -ab [nur eben nicht wie oben] Sonst kann die vernichtendste Wahrheit stumpf sein. - Doch das sind nur Randglossen und Kleinigkeiten. -

Lorenz findet sich schon wieder. Er hat es heruntergeschluckt. Eine Freude war es nicht. Und ich muß sagen, daß es ungerecht ist, wenn Schetelig II u. Schuster Füxe erziehen und er nicht. Ich finde die ggStellung gerade einiger Leute auch die ihn näher kennen - nicht richtig. Er hat Fehler, die man sieht; das ist mir lieber als anderes! Auch seine Quertreiber sind nicht gleichmäßig freundlich und harmlos, was man immer wieder werden kann u. muß - gewesen. Er ist ein gehetzter Mensch, nun schon Jahre lang. Seine Schuld freilich größtenteils, aber nicht nur und das| macht es so schwer, ihn davon zu überzeugen, daß wenn er versteht, was Christsein heißt - nichts ihn aus der Fassung bringt. Sieh zu, daß Du säuberlich mit ihm fährst u. bringe auch andern bei, daß sie nicht mehr sind als er .. u. den infamen Klatsch u. Schulmeister oder ärtzlichen Ton ihm gegenüber lassen, wenn es ihnen nicht aufgetragen ist.

Der Abschied vom x wurde mir recht schwer. Bei dir habe ich noch nicht so die Empfindung der definitiven Trennung u. nachher ist es Mai! - Aber es bedeutet doch etwas u. gerade, wo ich mit euch wirklich zusammengelebt habe, wird mir klar, daß ein Stück Erdenreise nun aufhört u. ein neues anfängt - Freilich hatte ja auch dies Stück nur die Aufgabe, die das ganze Leben hat u. seinen Zweck nicht in den Verhältnissen - aber es war doch schön so und, wer weiß, wie es nun für uns im Leben wird! - Vorläufig - schneller in die Zügel u. vorwärts in scharfem Trab! -

Leb wohl mein lb. Paul! Grüße den Neffen
- Dein tr. H.

Auch herzl. Gr. Deinen lb. Angehörigen......

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