Der editierte Text

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Münster i. W. (Details anzeigen), Himmelreichallee 43, 10. Febr. 1929

Lieber Herr Kollege Tillich (Details anzeigen)!

Fürchten Sie nichts, ich komme in einer ganz profanen Angelegenheit zu Ihnen. Da sitzt in Leipzig (Details anzeigen), wo Sie ja auch bekannt sind, ein Mann (Details anzeigen) – ich lege Ihnen seinen Brief an mich bei,1 dem es sichtlich, wie wohl noch manchen ähnlich situierten Zeitgenossen nicht gut geht. Ich habe nun wirklich nichts für ihn zu arbeiten, habe mich daher begnügt, ihm 50 M. zu schicken, möchte nun aber Sie fragen, ob Sie Gelegenheit haben, an Ort und Stelle etwas für ihn d.h. dafür dass er angemessene Arbeit bekommt, zu tun?

Ich habe Ihren Besuch hier in überaus freundlicher Erinnerung.2 Inzwischen haben wir nun Przywara (Details anzeigen) erlebt3 und es wird Sie nicht wundern zu hören, dass mir die analogia entis4 unverhältnismässig mehr Eindruck gemacht hat als die Gestalt der Gnade,5 obwohl doch auch diese eine sehr schöne Konstruktion war. Heute morgen habe ich eine Predigt von Ihrem Freund Stählin (Details anzeigen) gehört, über die ich mich wieder einmal rechtschaffen ärgern musste. Ueber den Dresdener (Details anzeigen) russischen Kreis,6 zu dem ich nun zwei mal eingeladen worden bin und absagen musste, werde ich Sie, wenn die Sache je wiederkommen und ich anzunehmen in der Lage sein sollte, um einige Auskunft betr. meine Darbietung dort um Rat bitten müssen. Aber vorläufig ist die Sache nicht akut.

Mit herzlichem Gruss (aus der Kirche!)
Ihe

Münster i. W. (Details anzeigen), Himmelreichallee 43, 10. Febr. 19297

Sehr geehrter Herr Leopold Schumacher (Details anzeigen)!

Leider muss ich Sie insofern enttäuschen, als ich mir, als ich Ihren Brief erhielt, nicht anders zu helfen wusste, als indem ich Ihnen die bewusste Summe schickte, über die ich Sie zu verfügen bitte, ohne dass ich in der Lage wäre, Ihnen die gewünschte Arbeit zu verschaffen. Die Hilfsarbeit die ich brauchen könnte ist nicht von der Art, dass sie von jemand der mir nicht persönlich und wissenschaftlich sehr nahe steht, besorgt werden könnte. Ich habe nun Ihren ersten Brief an einen dortigen Kollegen weitergeschickt, der Ihnen vielleicht beistehen kann.

Mit bestem Gruss
Ihr sehr ergebener

Fußnoten, Anmerkungen

1Dieser Brief liegt nicht vor.
2Tillich hatte im Januar 1929 in Münster einen Vortrag über "Protestantische Gestaltung (Details anzeigen)" gehalten, der im darauffolgenden Jahr in seiner "Religiösen Verwirklichung (Details anzeigen)" erschien.
3Erich Przywara (Details anzeigen) hatte am 8. Februar 1929 einen Vortrag im "Staatswissenschaftlichen Institut" seines Freundes Johann Plenge (Details anzeigen) gehalten. Siehe auch den Brief (Details anzeigen) Plenges an Tillich vom 15. Februar 1929.
4Obwohl der Sache nach bereits in der Scholastik thematisiert, wurde der Begriff der analogia entis durch den Jesuiten Erich Przywara in die neuere theologische Debatte wegweisend eingeführt (vgl. auch Przywara, Analogia entis, München 1932 (Details anzeigen)). Barth (Details anzeigen) gilt als entschiedener Kritiker der Lehre von der analogia entis. Zwischen Przywara (Details anzeigen) und Tillich (Details anzeigen) war es bereits im Jahr 1928 bei den ersten Davoser (Details anzeigen) Hochschulkursen zur Debatte gekommen.
5Vgl. zu dieser Formulierung Tillichs insb. die Veröffentlichung (Details anzeigen) des oben bereits genannten Vortrags vom Januar 1929.
6Dem Kreis dürften u. a. Fedor Stepun (Details anzeigen) und Dimitri Obolensky (Details anzeigen) angehört haben.
7Auf derselben Seite des Briefdurchschlags befindet sich dieser Brief Karl Barths an den oben erwähnten Bittsteller.

Register

aMünster
bTillich, Paul
cLeipzig
dSchumacher, Leopold
eTillich, Protestantische Gestaltung. Vortrag, gehalten vor der Theologenschaft in Mü..., 1962
fTillich, Religiöse Verwirklichung, 1930
gPrzywara, Erich
hPrzywara, Erich
iPlenge, Johann Max Emanuel
jBrief von Johann Plenge an Paul Tillich vom 15. Februar 1929
kPrzywara SJ, Analogia entis. Metaphysik., 1932
lBarth, Karl
mPrzywara, Erich
nTillich, Paul
oDavos
pTillich, Protestantische Gestaltung. Vortrag, gehalten vor der Theologenschaft in Mü..., 1962
qStählin, Wilhelm
rDresden
sStepun, Fedor
tObolensky, Dimitri
uMünster
vSchumacher, Leopold

Überlieferung

Signatur
Schweiz, Basel, Universität Basel, Karl-Barth-Archiv, KBA 9229.49.2
Typ

Brief (Durchschlag), maschinenschriftlich

Postweg
Münster - Dresden
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Karl Barth vom 29. März 1933

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Karl Barth an Paul Tillich vom 10. Februar 1929, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01591.html, Zugriff am ????.

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