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d. 11. 12. 32

Lieber Herr Seeberg!

Herzlichen Dank für Ihren Brief1] und Ihre Mitteilungen. Darf ich mir einen Vorschlag erlauben, bei dem persönliches Interesse und sachliche Situation zusammen treffen. Ich habe ähnliches schon Richter vorgeschlagen, der aber aus etatrechtlichen Schwierigkeiten nicht heranwollte. In dem Augenblick, wo Titius geht, ist die Lage verändert und mein Vorschlag wäre durchführbar:

1. Ich übernehme als Religionsphilosoph resp. Religionswissenschaftler (so hiess ich auch in Dresden) eine ordentliche oder ausserordentliche etatsmässige Professur in der theologischen Fakultät, die als Verbindungsprofessur zur Philosophie gedacht ist und die alte Pfleiderersche Tradition fortsetzt. Dazu wird die etatsmässige Stelle von Titius benutzt.

2. Um dem Oberkirchenrat entgegen zu kommen, wird ein Vertrag geschlossen, dass ich an den Prüfungen der Theologen nur als philosophischer Prüfer teilnehme, und dass ich in meinen Vorlesungen auf die eigentliche Dogmatik (Dogmatik II) oder wie es sonst definiert werden soll, verzichte.

3. Mit der Abhaltung der von Titius gehaltenen Vorlesung über Dogmatik II und den entsprechenden Übungen, sowie der Prüfung der Kandidaten in diesen Fächern wird Fabricius, resp. Stolzenburg beauftragt. Bei dem grossen Überfluss an systematischen älteren Privatdozenten in Berlin und bei dem völligen Fehlen von Religionsphilosophie innerhalb der theologischen Fakultäten scheint mir das zum mindestens bis auf weiteres eine durchaus angemessene Lösung, die den Vorzug hätte, sich durchsetzen zu lassen und zugleich meinen eigentlichsten Wünschen und Fähigkeiten zu entsprechen. Bitte geben Sie mir doch Nachricht, ob solch ein Vorschlag irgend eine Aussicht auf Verwirklichung hätte.

Sind Sie am Sonnabend, den 7. oder Sonntag, den 8. Januar schon wieder in Berlin? Wenn ja, könnten wir vielleicht Sonntag mittag zusammen sein.2]

Mit herzlichen Grüßen, besten Wünschen für Weihnachten (leicht neidisch wegen des Hauses in Ahrenshoop)
bin ich
Ihr
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