Brief von Paul Tillich an Erich Seeberg vom 19. Dezember 1928

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Der editierte Text

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a, den 19. 12. 28 Elisenstr. 111
Lieber Herr b!

Erst heute nach unendlicher Arbeit komme ich dazu, Ihren Brief2 zu beantworten. Zu der Berliner Angelegenheit selbst möchte ich nichts mehr sagen. Es hat keinen Zweck, über Vergangenem zu brüten. Und über das, was werden soll, können wir vielleicht, wenn ich in den ersten Januartagen in c bin, reden. Nur auf eins möchte ich noch eingehen, Ihre Frage wegen der Vorlesungen in d. Der Vorwurf des "Dürr" und "hoch" bezieht sich sicher auf die erste Hälfte meiner Vorlesung über "Die religiöse Erkenntnis"3, deren zu grosse Abstraktheit ich dann selbst bemerkte, und abstellte. Ich rede seitdem völlig frei (genau wie in e4) und schon dadurch weder abstrakt noch dürr, sondern wie man mir immer wieder sagt, und zwar grade von Seiten von Pfarrern, unmittelbar aus dem Leben heraus, wenn auch nicht aus der Schicht, in der man Anekdoten erzählt. Die Zahl meiner Hörer in h beträgt jetzt etwa hundertundzwanzig, obgleich höchstens ein Dutzend Religion als Wahlfach haben, also bei mir hören müssen. In i ist die Zahl immer über dreissig gewesen, beträgt jetzt fünfzig, obgleich ich überhaupt keine Pflichthörer habe. Davon gehören die Hälfte anderen Fakultäten an, die andere Hälfte sind Theologen. Nach dem Urteil meiner Kollegen sind meine Hörer die wenigen, verhältnismässig regen und interessierten unter den Leipziger Studenten, meistens ältere Semester, Doktoren, Pfarrer usw. Dieses zum Faktischen. – |:Das "Sich-Rühmen-Müssen" ist eine böse Sache.:|5

Viele herzliche Wünsche zu Weihnachten und Neujahr und hoffentlich auf Wiedersehen in j
Ihr
k

Fußnoten, Anmerkungen

1Erklärende Anmerkungen zu vorliegendem Brief wurden (ggf. geringfügig abgewandelt) aus seiner Erstveröffentlichung übernommen.
2Dieser Brief liegt nicht vor.
3Tillich hielt diese Vorlesung in Dresden im Wintersemester 1927/28, an der Theologischen Fakultät in Leipzig im Sommersemester 1928.
4Am 5. September 1928 hatte Tillich in Bad Reichenhall den Vortrag "f" vor der "Deutschen Vereinigung für Staatswissenschaftliche Fortbildung" gehalten. (Siehe auch die g.)
5Handschriftliche Einfügung Tillichs.

Register

aDresden
bSeeberg, Erich
cBerlin
dLeipzig
eBad Reichenhall
fTillich, Nichtkirchliche Religionen, None
gPostkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 5. September 1928 [PS]
hDresden
iLeipzig
jBerlin
kTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
Deutschland, Koblenz, Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Reinhold und Erich Seeberg, N 1248
Typ

Brief, maschinenschriftlich

Postweg
Dresden - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Erich Seeberg vom 6. Dezember 1928
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Erich Seeberg vom 29. Juli 1929

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Erich Seeberg vom 19. Dezember 1928, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00998.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

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