Der editierte Text

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a d. 2. Dez.19281
Lieber Herr b!

Gestern teilte mir unser c, mit dem ich nahe befreundet bin, mit, dass Minister d ihm gesprächsweise gesagt hätte, seine Absicht, mich in die e Theologische Fakultät zu bringen, wäre an dem Entschluss des E. O. K.2, mich nicht zu bestätigen, gescheitert.3 Damit ist die tiefe Spannung, in der ich seit Pfingsten mich befinde, gelöst. Das ist eine Erlösung, wenn auch eine negative. Denn ich entnehme daraus, dass eine Theologische Fakultät, zum mindesten in Alt-Preußen für mich nicht in Frage kommt. Daraus scheint mir die Notwendigkeit für mich zu folgen, die Stellung, die ich in meinen Briefen an Sie und g gekennzeichnet habe, zwar nicht innerlich, wohl aber der Arbeitsrichtung nach zu verlassen und mich einseitig der Philosophie zuzuwenden. Bemerkungen, die h gleichzeitig über Absichten machte, die er mit mir vorhätte, deuten in die gleiche Richtung. Natürlich bedeutet das, wenn ich richtig gesehen habe, eine schwere Krise für mich. Ich wäre Ihnen darum dankbar, wenn Sie mir, vielleicht auf Grund einer Unterhaltung mit i*|:* Obgleich die Unterhaltung zwischen j und k nicht vertraulich war, ist es vielleicht besser, Sie erwähnen sie nicht, sondern fragen von sich aus oder von mir aus.:|, mitteilten, ob ich die Lage richtig beurteile.

Besonders Leid tut es mir, dass auf diese Weise die erhoffte Zusammenarbeit mit Ihnen nicht Wirklichkeit werden kann. Jedenfalls danke ich Ihnen sehr herzlich für Ihre Bemühungen um mich, zumal sie nicht ohne Gefährdung Ihrer eignen Position geschehen sind. Da ich Ende der Woche auf eine etwa 8tägige Vortragsreise gehe, so wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn ich Ihre Antwort noch vorher erhielte.

Mit Dank und Gruß
Ihr
l

Fußnoten, Anmerkungen

1Erklärende Anmerkungen zu vorliegendem Brief wurden (ggf. geringfügig abgewandelt) aus seiner Erstveröffentlichung übernommen.
2Der Evangelische Oberkirchenrat (EOK), die leitende Behörde der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union, musste bei der Anstellung von Professoren der Theologie gutachtlich über das Bekenntnis und die Lehre des zu Berufenden gehört werden.
3Vgl. den Briefwechsel zwischen Becker und Ulich, der abgedruckt ist in f.

Register

aDresden
bSeeberg, Erich
cUlich, Robert
dBecker, Carl Heinrich
eBerlin
fSturm (Hg.), "Vielleicht kommen wir nun doch zu einer gemeinsamen Arbeit in Berlin". Pau..., 2012
gDeißmann, Adolf
hBecker, Carl Heinrich
iRichter, Werner
jBecker, Carl Heinrich
kUlich, Robert
lTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
Deutschland, Koblenz, Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Reinhold und Erich Seeberg, N 1248
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
Dresden - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Erich Seeberg vom 1. November 1928
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Erich Seeberg vom 6. Dezember 1928

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Erich Seeberg vom 2. Dezember 1928, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00995.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

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