Der editierte Text

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Sehr geehrter Herr!

Die „Wege zur Philosophie“, deren Richtlinien wir hier beilegen haben infolge des Krieges und anderer Umstände längere Zeit keine Fortsetzung gefunden. Da ihnen aber ein fortwährend wachsendes Interesse entgegengebracht wird, halten wir die Zeit für gekommen, die Fortsetzung vorzubereiten, wenn auch im Augenblick des völligen Papiermangels und der riesig gesteigerten Herstellungskosten wegen der Druck nicht erfolgen könnte.

Nun rät uns Herr Privatdozent Lic. Hirsch (Details anzeigen), mit dem wir in häufigem Briefwechsel stehen, dazu, Sie zu bitten, uns ein Heft für die Sammlung zu schreiben, da Sie zweifellos der Sache großes Interesse entgegenbrächten und Sie neben der nötigen Sachkenntnis auch die Fähigkeit hätten, für Anfänger zu schreiben. Er meint, ein Heft etwa über „Die Gottesweise oder den Gottesbegriff“1 würde Ihnen liegen, und wir glauben auch, daß ein solches Heft der ganzen Sammlung zur Empfehlung und Förderung gereichen würde. Die Hefte sind bisher in einer Auflage von 2000 gedruckt und wurden mit 320 M. für die Auflage honoriert. Wir würden vorschlagen, dieses Honorar auf 450 M. zu erhöhen. Lieb wäre es uns, wenn es möglich wäre, das Heft an der unteren Grenze des für die Hefte vorgesehenen Umfanges, also auf sechs Bogen, zu halten, damit es nach Lage der Herstellungspreise, die gegenwärtig eine verhängnisvolle Höhe erreicht haben und auch hoch bleiben werden, nicht einen abschreckend hohen Preis zu erhalten brauchte. Selbstverständlich könnte an solche Kürze nur dann gedacht werden, wenn die Verständlichkeit des Heftes dadurch nicht litte.

Bekanntlich ist in unserer deutschen philosophischen Literatur letztere spärlich vertreten. Der frühere Herausgeber, Herr Dozent D Steinmann (Details anzeigen), fühlte selber, daß ihm die Gabe, leicht verständlich zu schreiben, abgehe, und bat uns deshalb und mit Rücksicht darauf, daß ihm zu wenig persönliche Beziehungen zu Gebote ständen, in aller Freundschaft um seinen Rücktritt. Einen Ersatz zu finden, hat sich als sehr schwierig herausgestellt, namentlich in der Kriegszeit. Wenn, sehr geehrter Herr, Ihr Beitrag ein Musterheft für das wird, was die Sammlung bieten soll, so würden wir Ihnen die Frage vorlegen, ob Sie nicht nur als Mitarbeiter, sondern an leitender Stelle als Herausgeber für unser Unternehmen tätig sein möchten. Offen müssen wir gestehen, daß mindestens ein Teil der bisher erschienenen Hefte nicht dem ursprünglichen Plan entsprochen hat und nach Inhalt und Darstellung für Anfänger in der Philosophie zu hoch ist. Wir würden Ihnen dankbar sein, wenn Sie zu unserem Vorschlage Stellung nehmen und Ihre Gedanken über ein von Ihnen zu schreibendes Heft und das ganze Unternehmen entwickeln wollten. Falls Sie die Hefte noch nicht kennen, würden wir sie Ihnen gern zuschicken.

Mit hochachtungsvoller Empfehlung


Fußnoten, Anmerkungen

1Ein entsprechendes Heft ist nicht auffindbar; vermutlich hat Tillich (Details anzeigen) es nie verfasst.

Register

aHirsch, Emanuel
bTillich, Paul
cSteinmann, Theophil

Überlieferung

Signatur
Deutschland, Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Staatsbibliothek zu Berlin, Archiv des Verlages Vandenhoeck und Ruprecht
Typ

Brief, maschinenschriftlich

Postweg
unbekannt - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Maria Klein vom 26. Juli 1917 [PS]
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 1. Oktober 1926

Entitäten

Personen

Zitiervorschlag

Brief von Wilhelm Ruprecht an Paul Tillich vom 3. März 1920, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00656.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

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