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D. 21.II.18.

Liebe Maria!

Dein Brief hat mich nicht nur nicht geärgert, sondern – nach einem kurzen Ruck – so befriedigt, daß ich sofort antworte und darüber den fälligen Brief an Greti versäume! Du hast Recht mit Deiner Empfindung, und ich teile sie. Die Stunde bei Dox entsprach nicht unserem Verhältnis, sie war insofern unwahr; nicht einmal Deine Annahme, dass eine starke Sinnlichkeit meinerseits dabei mitspielte, ist richtig, das war ganz sekundär;sondern. Das liegt gar nicht in meinen Gefühlen zu1] Dir, dazu empfinde ich noch viel zu viel unmittelbar Kindliches, noch nicht Dame Gewordenes in Deinem Wesen; vielleicht kommt es noch einmal, wenn Du ganz Dame geworden bist; aber auch dann würde ich es nur aktuell werden lassen, wenn es naturgemäß aus unserer Beziehung hervorginge und wir es gestalten wollen. Ich bin insofern noch der "alte Junge" von 1909, als ich in dieser Be| ziehung ein klares Wollen habe, das mich in den unglaublichsten Situationen nie über meinen Willen hat hinausgehen lassen. Im Gegenteil, jeder Schritt in dieser Richtung kostet mich mehr Überwindung als die strengste Askese, die mir leicht wird, wenn ich Arbeit und Geist habe; das könnte ich Dir 1000fach belegen, aber ich weiß, daß Du es mir so glaubst. – Neulich aber glaubte ich Dir einen Gefallen zu tun, weil ich annehmen mußte (nicht durch Dich!) daß Du es wolltest; ich hätte mir sonst den Vorwurf der Feigheit gemacht. Um so froher war ich im Grunde, dass Du es nicht wolltest. Natürlich wurde dadurch etwas Problematisches in unser Verhältnis gebracht, das nicht durch Reflexionen, sondern nur durch künftige Neugestaltung unseres Verhältnisses zu überwinden ist. Darum haben weitere Reflexionen keinen Wert. – Träume also wieder im Sinne von 1909 von mir, falls ich noch einmal die Ehre haben sollte... denn das ist mein wahres Gefühl.

Dein Freund Paul.
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