Brief von Paul Tillich an Johanna Tillich vom 28. Dezember 1917

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Der editierte Text

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D. 28. Dez. 1917
Mein liebes a!

Vielen herzlichen Dank für das entzückende Weihnachtsgeschenk! Das ist ein Bild, bei dem einem das Herz aufgeht! Wieviel Glück mögen Euch diese beiden kleinen Ungetüme bringen! Zuweilen beneide ich Euch darum; aber vielleicht soll es für mich nicht sein, damit ich ganz der anderen Aufgabe leben kann! – Weihnachten war schön trotz Krieg und Arbeit. Ich habe meinen Baum im Zimmer, darunter stehen außer Deinem Bild ein paar Scherzgeschenke von den Herren, etwas zu knabbern von der b und c, ein prachtvolles Bild von d, mit der ich interessant korrespondiere, ein e und – gestern kam es an – eine Krippe mit Figuren von f! Von g kommt noch eine Künstlermonographie. – Es ist nicht unmöglich, daß ich gerade um die Zeit Deines Geburtstages in h bin; doch kann es auch etwas früher sein! Denn vom Februar erwarten wir große Dinge und dann muß ich hier sein. Vielleicht scheitert aber der ganze Urlaub| daran, daß i keine Kohlen hat! – – Ich dachte, j Brief1 wäre im Wesentlichen durch den lk und m beantwortet. Vieles läßt sich eben nur mündlich machen! Als ich gestern unter dem Baum saß, kam mir plötzlich mit überwältigender Deutlichkeit der Gedanke, der ja auch keineswegs neu ist, daß alles Lebendige, Ringende, Fortschreitende, Geistvolle, Tiefe, Anziehende, außerhalb dessen liegt, was man "Gemeinde" und Kirche nennt: Wo sind die großen fortstrebenden Motive der Ethik? Bei der russischen Revolution und der deutschen Sozialdemokratie einerseits, bei n und den tieferen Künstlern andererseits. Freilich, sie sind alle auf christlichem Boden gewachsen, o und p, q und r, aber wie fern stehen sie dem, was wir Gemeinde nennen! Wir leben eben seit 1700 in einer Epoche der Kirchengeschichte, die sich schlechterdings von den vorigen unterscheidet; man muß sie nur erfassen und ganz bejahen!

Dein s.

Fußnoten, Anmerkungen

1Liegt nicht vor.

Register

aFritz, Johanna
bWever, Mathilde
cSeeberger, Elisabeth
dErdmann, Gerda
eWaldmann, Albrecht Dürer, 1916
fWinkler, Toni
gTillich, Johannes Oskar
hBremen
iTillich, Margarete
jFritz, Alfred
kBrief von Paul Tillich an Emanuel Hirsch vom 6. Dezember 1917
lHirsch, Emanuel
mBrief von Paul Tillich an Johannes Tillich vom 18. Dezember 1917
nNietzsche, Friedrich
oTrotzki, Leo
pNietzsche, Friedrich
qIbsen, Henrik
rVerhaeren, Emile
sTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Paul, 1886-1965. Papers, 1894-1974., bMS 649/143(23)
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
unbekannt - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Johanna Tillich vom Dezember 1917

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Johanna Tillich vom 28. Dezember 1917, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00557.html, Zugriff am ????.

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