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D. 18. Dez. 1917.

Lieber Papa!

Das wird ein Weihnachten für Dich werden wie noch keins zuvor: Allein mit Tante Grete, ohne Elisabeth und Toni, ohne uns und alle die andern, die sonst das Weihnachtszimmer füllten. Und zugleich das letzte Weihnachtsfest im Amt! Wieviel Erinnerungen, wieviel Wehmut, Dank, Freude und Schmerz mögen Dich da umspielen! Gut, daß die Arbeit dem Denken noch keine Zeit läßt! – Hoffentlich wird es Dir nicht zu viel! – Eins ist jedenfalls sicher, daß im Norden, Osten und Westen von Deinen drei Kindern die Gedanken Tag für Tag bei Dir sein werden. Das gehört doch zum Schönsten, was wir von Dir bekommen haben, daß wir solche Erinnerungen an Weihnachten haben können, und daß wir sie weitergeben können an andere. – – Ich feiere nun schon das 4te Weihnachten im Felde. Jedesmal wenn ich fertig war mit der letzten Predigt, sagte ich zu meinem Burschen Schröder: Nun will ich anfangen, für die nächste Weihnachtspredigt zu arbeiten! Er war| jedesmal entrüstet und ich habe immer recht behalten! Und dieses Mal? Ich bin nicht mehr so sicher; aber sicher ist auch das Gegenteil noch keineswegs! --- Für Deinen Brief1] herzlichen Dank! Er entspricht in vielen Punkten meinen Gedanken. Eins weiß ich genau: Ich würde nie in die philosophische Fakultät übertreten, wenn ich nicht etwas mitbrächte, um dessentwillen man mich willkommen hieße, d.h. eine Arbeit, die wirklich eine Produktive wäre. Ob ich dazu im Stande bin, wird die Arbeit entscheiden. Jedenfalls drängen mich alle Erwägungen immer mehr dazu, in Ruhe nach Halle zu gehen und zu arbeiten. Dann stehen immer noch alle Wege offen – und Berlin verdirbt jede Wissenschaft! --- Ich habe 6 Gottesdienste in den drei Festtagen, dazu etwa 8 Stunden Fahrt. Ganz leicht ist es auch nicht, eine vierte Feld-Kriegs-Predigt zu machen; und doch ist es schön und ich freue mich auf die Feiern!

Meine Gedanken sind unter Eurem Weihnachtsbaum
Dein Paul.
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