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den 26. März 1917

Liebe Maria!

Es tat auch mir sehr Leid, daß ich Dich nicht mehr sehen konnte; aber die Zeit war zu knapp; und am letzten Tage kam Frede noch aus Bremen, extra ein paar Tage früher; da konnte ich ihm keine Zeit abknapsen. – Außerdem hatte ich nach Besprechung mit Dox den Eindruck, daß er viel richtiger die Sachlage beurteilen könnte, als ich, der ich doch zu lange Euch allen fern bin, ich regte mich in der Tat an dem Morgen als Dein Brief kam, sehr auf und hätte am liebsten selbst dem Mann einen saugroben Brief geschrieben, aber das hat ja keinen Zweck; ich beurteile für Dich die Sache so: Christiansen und Dich trennt eine Welt, Du kannst nicht zu ihm und er nicht zu Dir; darum ist es auch sinnlos, daß Du Dich verteidigst, ärgerst, ein böses Gewissen hast, Konzessionen machst u. dergl. – Ebenso ist es mit Deinem Vater, der an sich Dir geistig viel näher steht, aber Dir in dieser Sache kaum beistehen wird. Daß Du ihm alle Aufregung| ersparen willst, ist gut. Du hast mit Deinem Brief an Christiansen in dieser Beziehung Deine Pflicht vollauf getan. Aber Dein und Deines Freundes Lebensglück darfst Du von solchen Erwägungen nicht abhängig machen. Übrigens bin ich überzeugt, daß wenn Dein Vater vor Tatsachen steht, er sich hüten wird, radikal zu sein. Das meinte auch Dox, der ja doch manches mit ihm erlebt hat. -- Es bleibt also nur die Frage, ob Du und Hans sich wiederfinden und da heißt es warten, und soweit als möglich die Verbindung mit ihm aufrecht erhalten. Ein deutscher Offizier wird sich nicht den Briefwechsel verbieten lassen, den er haben will! Sonst ist er ein Waschlappen. So denke ich über die Sache. – Vor drei Tagen haben wir unser Quartier infolge 8 stündiger Beschiessung (ohne Keller und Unterstand) räumen müssen. Das war ein böser Tag. Meine Baracke lag an der schlimmsten Stelle...

Herzl. Gruß! in alter Freundschaft!
Dein Paul
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