Der editierte Text

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7. November 1932
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Sehr verehrter a,

je schwieriger die Lage auf dem Büchermarkt wird, desto wichtiger wird auch für den wissenschaftlichen Verlag die Art der Werbung. Deshalb habe ich dieses Jahr zu Beginn des Wintersemesters mehr als je selbst an unseren Propagandamassnahmen mitarbeiten müssen. Daneben musste ich wohl oder übel meine Korrespondenz über neue Verlagsunternehmungen etwas zurücktreten lassen. So erklärt es sich, dass Sie leider erst heute auf Ihre freundliche b vom 10. Oktober aus c, für die ich Ihnen auf diese Weise mit einer beinahe unhöflichen Verspätung danken muss, Bescheid bekommen.

Dafür habe ich in der Zwischenzeit wiederholt mit d korrespondiert, um in die Verlagsbedingungen für den "Grundriss der philosophischen Wissenschaften", von dem die ersten 3 Bände in den Jahren 1914 bis 1924 und seither keine weiteren erschienen sind, etwas Ordnung zu bringen. Das soll natürlich nicht ausschliessen, dass wir dem Mitarbeiter eines Bandes, auf dessen Absatz wir, wie bei Ihrer "Metaphysik", gewisse Hoffnungen setzen dürfen, günstigere Bedingungen bieten können, als sie für die historischen Bände tragbar sind, die sich der Natur der Sache nach immer nur verhältnismässig langsam verkaufen können.

Eine der wichtigsten Vorsichtsmassregeln, die uns die Verhältnisse heute nahe legen, ist möglichst gleichmässige Verteilung grösserer Fälligkeiten auch für Honorarzahlungen. Deshalb kann das Honorar, das ich Ihnen für Ihre "Metaphysik" bezahlen kann, dem Betrage nach verhältnismässig günstiger sein, wenn es nicht nach Druckvollendung in einer Summe bezahlt werden muss.

Am liebsten wäre mir unter dem angedeuteten Gesichtspunkt ein Vertrag mit einem Beteiligungshonorar von 15% vom Ladenpreis des broschierten Exemplares, über das – je nachdem wie Sie es wünschen, – vierteljährlich, halbjährlich oder einmal im Jahre je nach Massgabe des jeweiligen Absatzes abzurechnen wäre.

Könnten Sie sich damit einverstanden erklären, dass das Honorar für die ersten tausend Exemplare bei Druckvollendung, für die zweiten tausend nach Verkauf des ersten Tausends usw. bezahlt wird, so könnte ich Ihnen ein Bogenhonorar von M. 60.- pro 1000 Exemplare anbieten.

Diese beiden Modalitäten hätten den Vorzug, dass die Höhe der Auflage im Vertrag nicht festgesetzt zu werden braucht, sondern je nach dem Erfolg des Buches von Auflage zu Auflage vereinbart werden könnte.

Soll dagegen ein Honorar bei Druckvollendung in einer Summe vorausbezahlt werden, so könnte ich Ihnen für eine ein für alle Mal festzulegende Auflage von 2500 Exemplaren ein Pauschalhonorar von M. 3000.- anbieten.

Bei allen drei Vorschlägen ist für den Band "Metaphysik" ein Höchstumfang von 25 Druckbogen in Format und Satzeinrichtung des "Grundrisses" angenommen. Dass sie mir schon heute zusichern können, dieser Umfang werde auf alle Fälle genau eingehalten, ist mir gerade in heutiger Zeit natürlich besonders wertvoll.

Wenn es Ihnen erwünscht erscheint, meine Vorschläge im Einzelnen mündlich mit mir durchzusprechen, so bin ich gerne bereit, auf der Heimreise von e, wohin ich Mitte der Woche fahre, bei Ihnen vorbeizukommen. In diesem Fall würde ich nur um eine kurze Nachricht nach f W 8, Mohrenstrasse 27/28, Hospiz am Gendarmenmarkt, bitten.

Heute geht das druckfertige g von h [sic!] in Satz. Schon nach einer flüchtigen Durchsicht glaube ich sagen zu können, dass dieses Buch durch die dem Verfasser nahegelegte Kürzung und die wiederholte Ueberarbeitung nur gewonnen hat.2

Ich bitte Sie nochmals, die grosse Verzögerung meines heutigen Briefes mit den zurzeit wirklich ausserordentlichen Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen haben, zu entschuldigen, und verbleibe mit freundlichen Empfehlungen, auch von j,

Ihr ganz ergebener
k.

Fußnoten, Anmerkungen

1Erklärende Anmerkungen zu vorliegendem Brief wurden (ggf. geringfügig abgewandelt) aus seiner Erstveröffentlichung übernommen.
2Zu den Kürzungen, zu denen Adorno nur wiederwillig bereit war vgl. i, S. 346, Anm. 118.

Register

aTillich, Paul
bPostkarte von Paul Tillich an Oskar Siebeck vom 10. Oktober 1932 [PS]
cPotsdam
dMedicus, Fritz
eBerlin
fBerlin
gAdorno, Kierkegaard. Konstruktion des Ästhetischen. Beiträge zur Philosophie und ih..., 1933
hAdorno, Theodor W.
iChristophersen, Beweise einer unsichtbaren Beziehung. Die Korrespondenz zwischen Paul Tilli..., 2011
jMedicus, Fritz
kSiebeck, Oskar

Überlieferung

Signatur
Deutschland, Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Archiv des Verlages J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Nachl. 488, A 0469,5; Blatt 143-205
Typ

Brief, maschinenschriftlich-Durchschlag

Postweg
Tübingen - Frankfurt am Main
voriger Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Oskar Siebeck vom 10. Oktober 1932 [PS]
nächster Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Oskar Siebeck vom 10. Novemeber 1932

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Briefe

Zitiervorschlag

Brief von Oskar Siebeck an Paul Tillich vom 7. November 1932, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01162.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

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L01162.pdf