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Lieber Rathmann!

Ehe ich Ihnen mein Anliegen vortrage, die Versicherung, dass nichts von alle dem, was ich Ihnen mitteile und um was ich Sie bitte, für Sie Bedeutung haben soll, ehe Sie den Doktor hinter sich haben, aber dann, wie ich unbedingt erwarte, um so mehr.

Seit drei Wochen finden ununterbrochen Verhandlungen in Berlin und Leipzig statt. Es handelt sich um die Zeitschrift.1] Der Anstoss kam gleichzeitig von zwei Seiten, einmal von Heller, dem Severing zwölftausend Mark zur Verfügung stellt, der andere von Fritz Klatt und Dr. Pflug, (Leiter der Kasseler Volkshochschule) denen sich ein junger Verleger, Protte in Leipzig, mit dreissigtausend Mark zur Verfügung gestellt hat. Sowohl Heller, wie Protte und seine Leute verlangten unbedingt meine Mitarbeit. Unter diesen Umständen kam es für mich darauf an, beide Pläne zu vereinigen. Das war nicht leicht, da auf beiden Seiten grosse Hemmnisse zu überwinden waren. Wichtig dafür wurde es, dass sich als dritte tragende Kraft noch Schairer zur Verfügung stellte, natürlich nur im Hintergrunde, aber doch mit der Energie und Stosskraft, die er hat. Ihm liegt ganz besonders an Ihrer Mitarbeit. Die Struktur ist nun nach meinem letzten Vorschlag, den Heller und Klatt annahmen, so, dass Heller und ich als Herausgeber zeichnen und als verantwortliche Mitarbeiter drei andere, von denen der eine, nämlich Klatt fest steht, die beiden anderen von mir befragt werden. Der eine von ihnen sollen Sie sein. Sämtliche Verhandelnden legen den allergrössten Wert darauf, dass Sie es sind. Und es besteht bei der grossen Kompliziertheit der ganzen Situation die Gefahr, dass wieder einmal und dann wohl endgültig alles scheitert, wenn Sie sich uns versagen. Der Aufgabenkreis wäre so verteilt, dass Heller verantwortlich wäre für die staatstheoretischen Dinge, ich für die philosophisch-kulturellen. Klatt für die pädagogischen, Löwe (wie ich hoffe, ich schreibe gleichzeitig an ihn) für die wirtschaftlichen und Sie für aktuell-politische und zugleich studentische Probleme. Wahrscheinlich würde ich noch, ohne dass sein Name genannt wird, die Verantwortung für die kultur-politischen Dinge mit Mennicke teilen. Gedacht sind monatlich zwei bis höchstens drei Bogen, wenn möglich gruppiert um ein bestimmtes Thema. Die ersten sechs Nummern sollen weitgehend vorbereitet sein, ehe die erste herauskommt. Als Termin ist möglichst der erste Oktober gedacht. Severing hat sich in einer Unterhaltung mit Schairer sehr begeistert zu der Sache gestellt, und will mich sobald wie möglich empfangen. Es scheint mir, dass die Situation noch nie so günstig gewesen ist und dass wir, wenn überhaupt, jetzt zugreifen müssen. Die Grundlage der Zeitschrift ist selbstverständlich sozialistisch, aber ohne ausgesprochen parteimässige Bindung. Heller hat sich auch Severing gegenüber völlig freie Hand vorbehalten.2] Ich bitte Sie nun, mir möglichst umgehend zu antworten. Ich betone noch einmal, dass wir Sie bis zu ihrer Doktorierung völlig in Ruhe lassen wollen. Selbstverständlich sind alle Einzelheiten noch im Fluss und können von Ihnen weithin mitbestimmt werden.

In der Hoffnung auf eine schnelle zusagende Antwort bin ich
Ihr
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    • Neue Blätter für den Sozialismus. Zeitschrift für geistige und politische Gestaltung, hg. von Eduard Heimann, Fritz Klatt und Paul Tillich, 1930ff.