Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 7. September 1926

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Der editierte Text

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a, d. 7.
Liebste b!

Heut kam wieder Post von Dir, der Brief,1 worin Du von Deinem Gast schreibst und für den ich Dir sehr danke. Doch würde ich mich trotz allem freuen, mal einiges Gedankliche von Dir zu hören – als Antwort und als Frage. – –

Nun erst allerhand Sachliches: Der Brief von c.2 Unten rechts im Regal hinter meinem Stuhl liegen die Zeitschriften, darunter auch die "d". (sonst in jeder Dresdner Buchhandlung). Darauf steht die Adresse des Herausgebers3. An diesen sende bitte die Schrift von h und schreibe dazu, daß ich auf Reisen wäre, sie aber durch Dich bäte, diese nach meiner Meinung gute Sache zu berücksichtigen. Zwei Sätze, weiter nichts.4

An i und nach j habe ich abgeschrieben.5 Den Jung lese ich lieber in k;6 hier komm ich nicht dazu.|

Der Bauch ist zwar nicht in Ordnung, stört mich aber nicht mehr sehr. An dem Tag, wo nm kamen, war gerade ein Rückfall und darum war ich etwas "magen-verstimmt" – wie o schreibt. Ich bin natürlich sehr vorsichtig – Aber es ist so schwer, richtige Diät zu halten.

Dein Gedanke, daß ich in p einkaufen soll, ist natürlich einzig richtig. Es ist halb, höchstens 2/3 so teuer. Bitte schreibe mir doch im nächsten Brief, um was es sich für Dich und mich handelt und unterstreiche das Wichtigste! Sieh zugleich, ob Du 100-200M bekommen kannst. Da ich Ende Oktober 500M verdiene, wäre es ja töricht, wenn wir diese Gelegenheit nicht benutzten.

Den Stepun habe ich q gegeben;7 er muß ihn noch haben. Bitte ihn doch darum!

Wie steht es mit Deiner Geldlage? Schreibe doch mal darüber! Hast Du auch wirklich genug und kann ich bleiben?|

Am Sonntag war sozusagen letzter Tag in w. Wir waren am Vormittag zum Baden da und erlebten noch sehr viel schönes und elegantes Volk. Die Auffahrt der Autos zum Bad fast unübersehbar (Privatautos). Am Nachmittag zum Tee im Kurhaus wurde Oper und Ballet aus x gegeben. Seit Montag ist Schluß der Saison. Zum Trost – und mehr als das – setzte der erste richtige Westwind ein, und es kam ein herrliches Meer. Heut Nachmittag war ich mit zy in aa, dem Lieblingsort ab, einem alten Fischernest und Hafen an der Seine-Mündung. Morgen wollen wir über ac-ad nach ae – wenn uns nicht das Meer aufhält.

Am Sonnabend Abend hatten af und ich ein echt Trouviller Erlebnis: Wir gingen um 10-11 am Strand vor der Promenade. Schon stürzten sich zwei Cocöttchen auf uns, zwangen uns mit Grazie auf die Stühle, die dort zu Hunderten stehen und luxten uns in kurzer Zeit mit ebensoviel Grazie| 3M ab. – – – – ein Überfall in der Wüste vor den Augen der Civilisation.

Die Reise als Ganzes war wohl meine ernsteste, die ich je gemacht habe. Die stillste, in der größten, fremden Natur, allein mit ag, und damit in all dem allein, was die Frau gibt. Ich sagte heut zu ah, daß ich glaub{e}, es ist noch nie so viel in mein Unbewußtes gefallen. Aber was, weiß ich nicht. Ich habe keinen Augenblick einfach gejubelt, wie in ai oder Italien. Es war immer seelische Last dabei, auch in der Natur. Dabei habe ich mich sicher am besten erholt. akaj waren begeistert von meinem Aussehen. Hoffentlich nimmt al nicht zu viel weg. Aber es ist etwas Schwereres, Feste{re}s in mir, als wie ich wegfuhr.

Hab keine Sorge! In am ist alles anders. Und äußerlich gefährlich ist nichts. Dazu sind sie viel zu höflich und wir viel zu harmlos.

In ständiger Freude über Dich und an{!}
Dein
ao.

Fußnoten, Anmerkungen

1Dieser Brief liegt nicht vor.
2Dieser Brief liegt nicht vor.
3Herausgeber der "Zeitwende" waren e, f und g.
4Nicht ermittelt. In den nachfolgenden Ausgaben der "Zeitwende" findet sich keine Besprechung eines Buches von einem Schwarz, auch kein Artikel oder ähnliches von einem Autor dieses Namens.
5Diese Schreiben liegen nicht vor.
6Nicht ermittelt. Es dürfte sich womöglich um ein Buch von l handeln.
7Da r bis 1928 keine deutschsprachige Buchveröffentlichung vorzuweisen hatte, dürfte Tillich an dieser Stelle einen von drei Aufsätzen Stepuns meinen, die im "s" erschienen waren bzw. im Begriff waren, dort zu erscheinen: t (1925); u (1926); v (1927).

Register

aTrouville sur Mer
bTillich, Hannah
cSchwarz, ???
do.A., Zeitwende. Kultur, Kirche, Zeitgeschehen, 1925
eKlein, Tim
fGründler, Otto
gLangenfaß, Friedrich
hSchwarz, ???
i???, Lydia
jBreslau
kDresden
lJung, Carl Gustav
oKallen, Elisabeth W.
pParis
qHerrmann, Christian
rSüskind, Friedrich Gottlob
sMuth (Hg.), Hochland. Monatsschrift für alle Gebiete des Wissens, der Literatur und Kun..., 1903
tStepun, Das Problem der Demokratie in Rußland, 1925
uStepun, Die Mission der Demokratie in Rußland, 1926
vStepun, Der metaphysische Sinn der Revolution und die Sowjetliteratur, 1927
wDeauville
xParis
aaHonfleur
abBaudelaire, Charles
acLe Havre
adRouen
aeParis
afSydow, Eckart von
agSydow, Eckart von
ahSpiegelberg, Friedrich
aiKampen
alParis
amParis
anFarris, Erdmuthe
aoTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Hannah. Papers, 1896-1976, bMS 721/2(23)
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
Trouville - unbekannt
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Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 5. September 1926
nächster Brief in der Korrespondenz
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Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 7. September 1926, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00905.html, Zugriff am ????.

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