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Rügenwaldermünde , den 25.08.1920

Die ersten Wochen der Universitätsferien habe ich benutzt, um beiliegenden Entwurf für die „Wege zur Philosophie“ fertig zu stellen. Die Ausarbeitung eines einzelnen Themas habe ich nicht begonnen, da vorher eine Reihe Fragen erledigt werden müssen, die sich aus dem Gesamt-Entwurf ergeben.

Der Entwurf geht, wie ich schon mitgeteilt habe, von dem System der Wissenschaften aus. Nur so ist ein klarer Fortschritt der Themata, die Garantie der Vollständigkeit, sowie die Möglichkeit gegenseitiger Abgrenzung gegeben. Die Prinzipien der Einteilung wären zu behandeln in Thema 27: „Das System der Wissenschaften u.s.w.“ Der Einteilung entsprechend habe ich die Themata geordnet nach Abteilungen und Serien. Die erste Abteilung enthält die Naturphilosophie in dem weiteren Sinne, der auch Philosophie der Psychologie und hält die Kulturphilosophie, die ich in die beiden Abteilungen der theoretischen und praktischen Philosophie mit je zwei Serien zerlegt habe. Doch ließe sich ebenso zweckmäßig die Kulturphilosophie als eine Abteilung mit vier Serienbehandeln. Die dritte resp.ektive vierte Abteilung bildet dann die Religionsphilosophie, in der besondere Serien nicht zu unterscheiden sind. Die Auswahl der Themata sucht das Wichtigste in möglichster Vollständigkeit zu erfassen, und zwar so, daß jedes Thema etwa in den Grenzen des gegebenen Raumes behandelt werden kann, denselben aber auch vollauf in Anspruch nimmt. Natürlich ist es möglich, sowohl neue Themata zu finden als auch vorgeschlagene Themata zurückzustellen resp.ektive mehrere zusammenzuziehen: Die Festigkeit des Gerüstes läßt der Ausführung großen Spielraum. Die vorhandenen Hefte sind systematisch vollkommen eingeordnet (Nr. 1: Thema 18; Nr. 2: Thema 8; Nr. 3: Thema 23; Nr. 4: Thema 28; Nr. 5: Thema 16; Nr. 6: Thema 11; Nr. 7: Thema 31; die Schrift von Reyer Thema 26.) Für eventuelle zweite Auflagen habe ich zum Teil die Titel etwas verändert, entsprechend dem Gesamtentwurf.

Zu den neuen Themen habe ich mit geringen Ausnahmen nur das Wesentliche enthaltende Inhaltsangabe gegeben. Der Zweck der Inhaltsangaben ist der, für sämtliche Mitarbeiter einerseits den thematologischen Gesamtfortschritt deutlich zu machen, andererseits die allgemeine Richtung für die spezielle Arbeit zu geben. Eine Bindung sollen sie nur insofern bedeuten, als sie die Aufgabe gegenseitiger Ergänzung eindringlich zum Bewußtsein bringen sollen. Alles Nähere würde sich bei der Verhandlung mit den einzelnen Autoren, denen immer der Gesamtplan vorgelegt werden müßte, ergeben.

Nicht alle Themata sind gleich aktuell und erfolgversprechend. Ich möchte aus den einzelnen Serien diejenigen angeben[,] die mir am wichtigsten zu sein scheinen: Abteilung I Th.emata 2, 3, 5 (Relativitätstheorie!) 7, 9 (Energetik!) 12, 13, 14 (neues Gebiet!) 17. Abt. II Th.emata 24, 25 (Neuhegelianismus!) 27, 29 (Rickert!) 35, 36, 37, 38. Abt. III Th.emata 41, 42 (Pazifismus!) 43, 44, 47, 48, 50, 53. Abt. IV. 56, 58, 59, 60, 63, 64.

Durch den vorliegenden Entwurf wird das Unternehmen auf eine sehr breite Grundlage gestellt; es wird zu einer Art Bibliothek der systematischen Philosophie für die Allgemeinheit. Das gegenwärtige außerordentliche Interesse weiter Kreise an der Philosophie ist einem derartigen Unternehmen überaus günstig. Am Wichtigsten wird es, wie ich schon schrieb, für die neuentstehende Volkshochschularbeit werden. In Folge dessen darf es natürlich niemals den Charakter einer „Einführung in das philosophische Denken“ verlieren, d. h. jedes einzelne Heft muß von Vorn anfangen und zum Ziel führen.

Es schadet deswegen auch nichts, wenn Probleme und Gesichtspunkte in verschiedenen Heften wiederkehren. Vielmehr wird dadurch das lebendige Doppelverhältnis aller philosophischen Probleme, ihre Selbstständigkeit und ihr gegenseitiges Verbundensein um so deutlicher offenbar. Und grade dieses wäre ein Vorzug der „Wege“ vor einem starr geschlossenen philosophischen System.

Für mich selbst würden zur Ausarbeitung folgende Themata in Betracht kommen: Th.emata 6, 27, 32, 54, 55, 56, 59, 60.115 Für Thema 27 spricht, daß es die Grundlage des gesamten Entwurfes enthält und mit einer programmatischen Einleitung an die Spitze der neuen Veröffentlichungen treten könnte. Th.emata 55 und 56 würden unmittelbar aus meinem letzten Kolleg hervorgehen, namentlich 56 würde ich nicht gern jemand anders überlassen. Ich erwarte Ihre Äußerung dazu.

Buchhändlerisch erlaube ich mir die Frage, ob es nicht möglich wäre einen billigeren Abonnementspreis für den Bezug der ganzen Sammlung und der einzelnen Abteilungen festzusetzen. Es würden dadurch auch die weniger einschlagenden Hefte einen festen Absatz haben. Zu diesem Zweck wäre es nötig, einen dem beiliegenden ähnlichen Entwurf zu drucken und an die Interessenten z. B. sämtliche Volkshochschullehrer mit einer leicht zu erreichenden ministeriellen Empfehlung zu versenden.

Falls Sie entschlossen sind, die „Wege“ auf diese erweiterte Grundlage zu stellen, bin ich bereit, unter näher zu vereinbarenden Bedingungen die Herausgabe zu übernehmen.

Leider ist es mir hier nicht möglich, Ihnen zwei Schreibmaschinen-Abzüge zu übersenden. Falls Sie jedoch dem Plane näher treten wollen, wäre ich sehr dankbar, wenn Sie mehrere Schreibmaschinen-Abzüge anfertigen ließen, auch einen für Herrn Dr. Albers, und mir zwei davon zuschicken würden.

Ich sehe Ihrer Antwort entgegen, die ich an die berliner Adresse zu richten bitte, u.nd hoffe auf weitere gedeihliche Zusammenarbeit.

Hochachtungsvoll ergebenst
Dr. Paul Tillich.
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