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Bremervörde, 30.III.07.

Lieber Paul!

Du wartest sicherlich schon auf eine Antwort und am liebsten hatte ich mich sofort hingesetzt, um Dir für die ausführliche und klare Richtigstellung meiner Gedanken zu danken. Sofort war mir klar, wie verkehrt all mein Grübeln über meinen eignen Wert war, wie sehr ich dabei auf andere angewiesen war, und wie vorübergehende Stimmungen mein Selbstbewußtsein hin- u herschleuderten. Ich wollte mich durch günstige Beurteilung anspornen lassen zu neuer Arbeit, ich hätte dann auch selbst eine große Meinung von mir bekommen, während ich doch ein ganz elender Kerl bin. Diese Erkenntnis| habe ich zu Zeiten durch die ewige Selbstbeurteilung bekommen, aber bald schlug die Stimmung um, und ich war wieder auf der Höhe. Wie falsch das alles war, ahnte ich auch dunkel, aber Du hast mir ein großes Talglicht aufgesteckt, sowohl dadurch, daß Du mir das Verkehrte daran aus den beiden Konsequenzen zeigtest, als auch mich zu dem richtigen Weg führtest, der allein zu einer christlichen Persönlichkeit führen kann. Das soll im nächsten Semester mir Pflicht sein, diese Erkenntnis zu verwirklichen, und das ist sicher auch der beste Dank, den ich zeigen kann gegen Dich. Daß im nächsten Semester der Hallenser Wingolf eine christliche Verbindung sei, das wollen wir erstreben, jeder sogut u so schlecht er kann. Nicht eigne Ehre suchen oder auch die Ehre des Hallenser Wingolfs, sondern Gottes Ehre!

In der letzten Zeit hatte ich viel im| Garten zu tun, zu Ostern sollte alles recht hübsch gemacht werden. Da mußte ich natürlich alle wissenschaftliche Arbeit aufgeben, wenn auch mit schwerem Herzen. Dazu trieb auch das schöne Wetter, das die Gartenarbeit sehr begünstigte. Außerdem kamen Montag meine beiden Brüder, sodaß ich erst recht zu nichts kam. Der älteste, Georg, ist Maschinenbauer, war bisher Assistent an der Hochschule in Hannover, und hat jetzt in Halle eine Stelle bekommen an einer Maschinenfabrik. Im nächsten Semester sind wir also dort zusammen, allerdings wohnen wir sehr weit auseinander, sodaß wir uns doch nicht so oft sehen werden. Ich werde ihn auch wohl mal zur Kneipe mitbringen. Der jüngere, Otto, hat jetzt sein Abitur gebaut, er will erst 4 Monate in Lübeck praktisch arbeiten| und dann in Hannover Tiefbau studieren. Beide reisen bald nach Ostern ab. Dann werde ich wohl noch Besuch bekommen von Wilm v. d. Smissen, falls er kann. Wir haben das schon in Halle verabredet.

Jetzt muß ich wieder in den Garten, leb wohl. Grüße, bitte, Deinen Vater u Deine Schwester von mir.

Ein fröhliches Osterfest wünscht Dir

Ich spiele viel Schach, mit Vater u Otto, geige auch manchmal.

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