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den 01.09.1920

Hannah!

Lange habe ich nichts von Dir gehört, teils weil Du lange nicht geschrieben hast, teils weil in diese Zeit mein Umzug von Rügenwaldermünde nach Dändorf fiel, und ich meine Briefe hierher nicht direkt nachschicken, sondern in Berlin von Frl. Zöchl (die unser Haus bewacht) in ein Kuvert stecken lasse; Du mußt auch dahin schreiben. – – Die Sturmtage haben etwas auf meine Lunge gewirkt, so daß ich mich jetzt nicht ganz auf der Höhe fühle; aber ich bin hier in besten Händen: Ein Häuschen direkt am Bodden, mit herrlichem Blick, das Meer 50 Min.uten entfernt schöner Weg; die Verpflegung erstklassig; Ilsemargot verhältnismäßig vernünftig, sitzt jetzt neben mir im Strandkorb und leert ¿¿¿ ... ¿¿¿. Ich denk an die Trauertage zurück, die durch Frau Apelius, die wie eine gütige Fee für mich sorgte, wundervoll gestaltet wurden. (Der Münchener Maler ist übrigens ihr Vetter). Ich sagte ihr einiges von Dir und las ihr dies und jenes vor; sie war begeistert von Dir | und bewegt durch unser Schicksal. Ach Hannah, noch die entferntesten Wirkungen Deiner Seele schaffen Dir Freunde; wie sehr unwürdig Deiner fühle ich mich dann! – Es ist klüger, wenn Du Dox wegen Marie Luise nicht zu beeinflussen suchst. Das erwirkt in ihm, wie ich ihn kenne, immer negative Reaktionen. – Hanna, ich glaube, an Dir hängt mein Werk bist Du da, habe ich nichts nötig, als Meer und Kunst; bist Du weg, nehmen mich die Menschen; Du bist meine Ruhe, aber nur meinem Menschen-Dasein; meinem Geist bist Du die höchste Unruhe, die Triebkraft, die ans Unendliche führt. Hannah, ich bin nur wenig ohne Dich; aber viel mit Dir; ich kann alles werden durch Dich. – Viele Forderungen liegen auf mir, Vorträge, Kolleg, etc.; sie drücken mich und ich bin noch nicht stark genug für sie; das ist so schlimm, wenn mehr von einem verlangt wird, als man leisten kann; bist Du da, Du heiß, Du unsäglich Geliebte, so kann ich alles.

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