Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich ohne Datum, wahrscheinlich 1922

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Der editierte Text

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a, b!

Wie erlöst hat mich Dein Brief1 aus frommer Not, die nach einem unsäglich schönen Sonntag-Vormittag am Montag Abend auf mich fiel, als c die neuesten Dinge über d berichtete. Ich kann nicht wie Du, auf einen Augenblick, den ungeheuren Ernst, unter dem wir stehen, vergessen; ich fühle mich schuldig in jedem Augenblick, wo ich ihn geringer empfinde, nicht aus Weichheit und Mitleid, sondern aus der Wucht der Sache selbst, die ich ganz mit Dir erlebt habe. – Deiner e Brief ist sehr schön und hat sie mir nah gebracht. Sie hat eine ähnliche Karte an f geschrieben. Diese Einheit von Güte und eigenem Standpunkt ist wundervoll. – g hat mit h gesprochen, die sehr vernünftig war und weitgehend Dich verstand, ohne Dich zu billigen. Sie geht nicht zu i, der ihr auch abtelegraphiert hat. – Schillbachs2 verstehen Dich gar nicht. Sie und k haben den Verdacht, daß etwas "anderes" dahinter steckt,| also wohl ich; und l meint, wir müßten sehr vorsichtig sein, damit nicht falscher Verdacht entsteht. Ich möchte Dich nun bitten, und ich habe es nicht m gesagt, offen einzugestehen: 1. Daß Du mein einige Stunden bei mir warst, um zu telephonieren und mir zu erzählen. 2. Daß Du auf Grund einer Anfrage an mich zu meinem Schwager nach n gegangen bist. (Alle fragen, wer die neue "Freundin" o ist). 3. Daß ich Dir geschrieben und gesagt habe, daß Du bis an die Grenze des Möglichen zu bleiben verpflichtet bist, daß ich Dir aber helfe, nachdem Du trotzdem gegangen bist. Ich habe daran gedacht, dieses von mir aus an p zu schreiben, möchte aber Deinen Rat haben. – – Genügt es nicht, wenn ich die Korrespondenz mitbringe; ich vertraue sie selbst eingeschrieben nicht der Post gern an? – Der Theologische Lehrstuhl ist Unsinn; erstens kommt alles auf das "Wie" an; zweitens bist Du mir mehr wert, als ein "Stuhl"; drittens gibt es philosophische Stühle; viertens kommt alles auf meine Leistung an. – Über Deine ersten Tage dort und Dein Eintauchen| in den Geist des Bremer Hauses freue ich mich sehr. Tauche nur weiter! Und denke daran, daß ich von jedem Wort lebe, das in diesen Tagen von Dir kommt. Alle Tiefen und Höhen meines Seins sind in Erschütterung.

q.

Fußnoten, Anmerkungen

1Liegt nicht vor.
2Bei der Familie Schilbach handelt es sich um eine bedeutende Unternehmerfamilie aus j, die scheinbar in einem Verwandtschaftsverhältnis zur Familie Werner steht.

Register

aTillich, Hannah
bTillich, Hannah
cWerner, Marie Luise
dGottschow, Albert
eWerner, Louise
fWerner, Marie Luise
gWerner, Marie Luise
hGottschow, Erna
iGottschow, Albert
jGreiz
kGottschow, Albert
lWerner, Marie Luise
mWerner, Marie Luise
nBremen
oFritz (geb. Horn), Gertrude
pGottschow, Albert
qTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard, Harvard Divinity School Library, Tillich, Hannah. Papers, 1896-1976, bMS 721/2(18)
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
unbekannt - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich von August 1921
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 13. März 1920

Entitäten

Personen

Orte

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich ohne Datum, wahrscheinlich 1922, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01352.html, Zugriff am ????.

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