Geliebte Hannah!
Es ist Abend, Frl. Rudolf ist zum Atelierfest bei Maler Egli, unserm „möblierten Herrn“
und Ernährer,zum Atelierfest, und ich muß warten, bis sie kommt, damit sie meine Zimmer lüften
und mein Bett machen kann; denn noch immer liege ich, wenn auch fast ohne Fieber,
so doch sehr matt
und bettfreudig – Gestern war lange Lotte Storch bei mir, und wir haben mancherlei besprochen; zunächst
den Grund, warum mein Brief sich so versäumt hat: Familie Storch hat ihn ein paar
Tage liegen lassen;
so etwas trifft ja immer, wenn es am wenigsten erwünscht ist. – Dann sprachen wir
über mein eventuelles
Kommen nach Greiz, etwa vom 4. bis 9. Jan.; sie wäre bereit, selbst mit Hülfe einer Mogelei gegen die
Schule, dann auch zu kommen, da 4 günstiger sind als 3. Du müßtest dann Marie Luise
eventuell vorher
wegschicken (sie hat übrigens vorhin rührender Weise angeklingelt, wie es mir |
geht). Du mußt das
bald entscheiden; am Mittwoch will ich nach Bremen fahren (Adr. Bei Pastor Fritz. Georg-Gröningstr.
40). Von dort würde ich kommen. – Aber nun eines, was aus meinem Gefühl kommt, aber
von Lotte Storch
sehr unterstützt wurde: Kannst Du nicht Deinem Mann sagen, daß wir uns infolge der
Bälle, auf denen
man sich „Du“ nennt, das „Du“ beibehalten haben, und Du es ihm nur damals als er so
unruhig war, nicht
hättest sagen wollen … jetzt aber …; das würde unserm Zusammensein die Form der Schauspielerei
nehmen
und alles sehr erleichtern; ich möchte Dich ganz stark darum bitten; denn ohne das
wäre gerade das Ziel
dieses Zusammenseins, die Fühlung mit Albert (den ich jetzt erst visionär sehe) a priori vereitelt.
Bitte ja! – Ich erlebe so vieles in der Ruhe des Bettes, was sonst der Tag verschüttet
hätte! – Schreibe
von Montag Nachmittag ab direkt nach Bremen!