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14. 12.1931

Sehr geehrter Herr Tillich,

in der Frage: Gibt es noch eine Universität?, zu der man ja nun allerhand Äußerungen vernommen hat, scheint mir fast das Erstaunlichste, daß so wenige die Vorstellung und Vorstellungskraft von dem haben, worum es geht.1]

Das aber gerade hatten Sie aufs deutlichste ausgesagt. Sie hatten doch wenigstens ein Gesicht: Sie sahen eine Gestalt einer Universitas. Mag man mit Ihrem Modell nicht einverstanden sein. Gut. Dann sollte einer ein anderes Modell machen. Aber das tut keiner Ihrer Gegner.

Natürlich kann man nicht über eine Universitas reden, wenn man gar nicht weiß, was das ist, was das heißt, was das war und was das sein könnte. Die Menschen von Geist sind daher alle auf Ihrer Seite. Aber – verdammt! – Sie haben wenig Kollegen.

Diese Zeilen richte ich nur an Sie, um Ihnen zu sagen, daß auch außerhalb der Professoren noch Menschen davon wissen, was und wo Fiktionen sind. Aus Fiktionen aber kann man nicht leben, man kann nur aus der Wahrheit leben.

Ihr sehr ergebener
    Entität nicht im Datensatz vorhanden

    Personen:

    Literatur:

    • Thomae, Dieter (Hg.), Gibt es noch eine Universität? Zwist am Abgrund – eine Debatte in der Frankfurter Zeitung 1931/32, Göttingen 2012 
    • Tillich, Paul, Fachhochschulen und Universität, GW XIII, S.144-149