Der editierte Text

|
Liebste a!

Das war eine Freude, als ich heute Eure Stimmen hörte; nur schade, schade, daß Du nicht kommst. – Ich will jetzt in meiner Berichterstattung fortfahren: Also am Mittwoch Abend mit Frl Homberger im Hokus Pokus von b. Eine entzückend graziöse, rokokohafte Verspottung von Justiz und Theater. Hombergerin ist ein großer starker Mensch geworden. Ich habe nachher noch mit ihr in der Eß-Bar Roberts gesessen, wo wirklich etwas Pa| riser Atmosphäre ist. Donnerstag früh mit c in die fabelhafte Luftfahr-Ausstellung; zu Mittag mit ihm bei d, die Dich herzlich grüßen läßt (Sie bewohnen nicht mehr das e-Haus, wo wir sie besucht haben1) Am Spätnachmittag kurzes Treffen mit h, die drei Monate krank war. Am Abend mit i und j in der k-Oper (Geschichte eines Soldaten): Ganz außerordentlich!! Sehr dämonisch, Musik und Regie hervorragend. Nachher im "Nußbaum" mit l. Situation wie in der "m" – bis wir uns drücken, als es mulmig wurde, Freitag| Vorm. lange geschlafen. Dann kam {n}, um o zu besuchen. Sie ist komisch naiv, sentimental und geistig durcheinander. Besichtigung des Grünfeld-Hauses am Kurfürstendamm.2 Mittag allein bei Kempinski:3 "Bouillabaisse" , das herrliche Pariser National-Gericht. Nachmittag kam p, die sich sehr freute, daß Du wolltest, daß ich sie sah. Sie ist freier, aber mit einem gewissen tragischen Zug. Sie möchte gerne nach q. Am Abend mit r im russisch-jüdischen Theater: Ungeheuerlich, aber kaum zu verstehen. Nachher mit s, t, u, v, w im Palais am Zoo. Höchst vergnügt. Ich mußte x versöhnen, was nicht ganz einfach war. Denke| Dir: y ist bankrott. 200 000 Schulden durch Bürgschaften[.] Ist aber trotzdem bei guten Nerven. z wird bald wieder heiraten!! – aa bemüht sich rührend um ab. Aber es ist schwer, da sie nichts wirklich kann. – Übrigens ist ac auch zur Prosa übergegangen. – Heut, Sonnabend, Mittag mit ad und ae. Leb wohl liebste af! Ich stehe innerlich ganz unter dem Eindruck der 7 Theater-Abende – – Grüße ag!

Ich liebe Dich und freue mich auf "Zu Hause"!
Dein
ah

Fußnoten, Anmerkungen

1f hatte in der vom Architekten g erbauten Villa Heerstraße 80 (später Heerstraße 107/Ecke Ragniter Allee) gelebt, die sie 1951 im Wiedergutmachungsverfahren zurückerhielt.
2Hierbei handelte es sich um eine Niederlassung der Leinen- und Gebildweberei F. V. Grünfeld auf der Joachimsthaler Straße/Ecke Kurfürstendamm 227.
3Gemeint ist eine Niederlassung der gleichnamigen Restaurant- und Hotelkette.

Register

aTillich, Hannah
bGoetz, Curt
cSydow, Eckart von
dSternefeld, Ruth
eMendelsohn, Erich
fSternefeld, Ruth
gMendelsohn, Erich
hReutern, Ilsemargot von
i???, Ulli
j???, André
kStrawinsky, Igor
l???, Ulli
mBrecht, Die Dreigroschenoper. Der Erstdruck 1928, 2004
nLösch
oSachs, Emmy
pErdmann-Czapski, Veronika
qDresden
rSachs, Emmy
sOtto, Heiner
tHanno
uDagma
vReutern, Ilsemargot von
wHerrmann, Christian
xHanno
yRitthausen
zHerrmann, Christian
aaSachs, Emmy
abBehrens, (Frau)
acErdmann-Czapski, Veronika
adWolfers, Arnold
aeBehrens, (Herr)
afTillich, Hannah
agGoesch, Heinrich
ahTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Hannah. Papers, 1896-1976., bMS 721/2(27)
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
Berlin - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom Herbst 1929 oder 1930
nächster Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Paul Tillich an Hannah Tillich vom 5. März 1930 [PS]

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich von 1930, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01048.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

{{Internetquelle |url=https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L01048.html |titel=Brief von Paul Tillich an Hannah Tillich von 1930 |werk=Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition. |hrsg=Christian Danz, Friedrich Wilhelm Graf |sprache=de | datum=1930 |abruf=???? }}
L01048.pdf