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D. 24. Garten des Palais-Royal, Springbrunnen. Sanfte September-Mittagssonne

Süße Hannah!

Nun ist die Sache entschieden: Bis zum 3ten Oktober darf ich bleiben. Dann einen Tag Düsseldorf (4ten) dann Dresden (5ten). Gestern hast Du den Bericht über die Einkäufe bekommen. Heute Fortsetzung: Ein rotes Kleid aus Crêpe de Chine, mit langen Ärmeln, handgenäht, Begeisterung von Eckart und Spiegelbergs. Diese kamen gestern Abend an. Sie fanden, daß ich durch meinen großen Hut völlig verändert bin, sehr viel jünger geworden. Die Anzugsuche hat noch keinen Erfolg gehabt. Ich hoffe aber, es wird noch werden. Die französischen Sachen haben alle etwas Zierliches. Aber englische| sind nicht zu erschwingen. Strümpfe sind entweder sehr teuer oder sehr schlecht. Malla rät davon ab. Etwas in Sorge bin ich nur über Deinen Wintermantel. Aber im Notfall schenkst Du ihn weiter.

Als Dein Brief1] wegen Deiner Geldnöte kam, habe ich sofort an Vaterchen geschrieben und ihn bis 1. Nov. (Chemnitz!) um 200M gebeten. Hoffentlich hast Du sie schon. An die Kasse zu schreiben lohnt sich jetzt nicht mehr. Es macht sehr viel Mühe und höchstens 2 Tage Unterschied. Dagegen bin ich bereit, an| Rode zu schreiben. Bitte gib sofort Antwort, ob das nötig ist. Glücklicherweise habe ich Nora nicht angepumpt. Das hätte die Wirkung Deines Briefes wegen Kallen sehr gestört. – Seit 2 Tagen kein Brief von Dir! Was ist? Bist Du müde oder zu sehr im Betrieb?

Ich bin sehr bewegt durch Deinen Brief über die Realität. Ich halte es nicht für wichtig, die wilden Ausbrüche von Liebe und Haß, die starken Nöte und Kampf für realer zu halten, als das, was sich in höherer Ebene, geformt abspielt. Wir sind exklusiv, weil wir in Realitätsschichten leben, die den meisten| unzugänglich sind. – Zweitens gibt es von jeder Seinsschicht aus einen direkten Zugang zum Unbedingt-Seienden. Das, was uns unbedingt angeht, an dem wir unbedingt verantwortlich sind, ist das Reale. – – – Realitätsarm wird die Form nur, wenn sie um ihrer selbst willen gesucht wird, aber nicht, wenn sie als die Verwirklichung der Realität verstanden ist. Die französische Kunst steht fortwährend auf dieser Grenze. Sie bleibt ihr aber immer nah und entfernt sich nur so weit nach beiden Seiten, wie wir. (Kerngedanken zu dem in mir wachsenden Kolleg über die "Form")

In Liebe und Sehnsucht.
Dein Paul.
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