Der editierte Text

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a, Taunusstr. 1 d. 2. Mai 19221
Sehr verehrter b!

Vielfache Erwägungen haben mich zu dem Entschluß gebracht, Sie zu bitten, den Auftrag auf Herausgabe der "Wege zur Philosophie", den Sie mir vor einem Jahr gaben, zurückzunehmen. Es hat sich inzwischen manches geändert, ich habe die Mitte der 30 überschritten und muß mit aller Energie auf eine große wissenschaftliche Arbeit hindrängen. Dies ist aber bei der vielen Nebenarbeit, die ich als Privatdozent notwendig übernehmen mußte, um existieren zu können, bisher unmöglich gewesen. Ich muß darauf sehen, mich von jeglicher Nebenarbeit frei zu machen und darf keine neue übernehmen. Es scheint mir ehrlicher gegen Sie zu sein, wenn ich Ihnen das offen jetzt sage, als wenn ich nachher die Sache lässig betreibe. Ich möchte Ihnen aber gleichzeitig den Vorschlag machen, sich an meinen Freund c, d 2 An der Schleuse 2, Referent für Volkshochschule im Kultusministerium2 zu wenden; er ist bereit, auf Grund meines System-Entwurfs die Sache zu übernehmen und würde ihr als Spezialist für Philosophie in der Volkshochschule sicher nützlich sein können. Der unmittelbare Anlaß zu meinem Schreiben ist die Tatsache, daß es mir auch in diesen Ferien nicht gelungen ist, das "o" fertig zu stellen. Ich möchte trotzdem, wenn Sie noch damit einverstanden sind, das Heft vollenden; denn ich habe dauernd an diesen Problemen weiter gearbeitet, und sie sind mir sehr ans Herz gewachsen. Aber ich kann es Ihnen gegenüber nicht verantworten, daß das Erscheinen der ganzen Sammlung davon abhängen soll. Ich möchte also meine Bitte dahin präcisieren, mir die Herausgabe völlig abzunehmen und sie unabhängig zu machen von der Fertigstellung meines Heftes, an dem ich unablässig arbeite, dessen Fertigstellung ich aber nicht voraussagen kann. Um Ihr freundliches Verstehen und baldige Antwort bittet

Ihr sehr ergebener
p3

Fußnoten, Anmerkungen

1Zwischen Adresse und Anrede findet sich die Registraturnotiz: "Tillich:"
2Am unteren Rand des Blattes, unter Namen und Adresse von e, notiert f: "? g in Heidelberg? h Von i m. W. empfohlen. j fragen? k?" l Heidelberger Habilitationsschrift Einleitung in die Geisteswissenschaften war 1920 erschienen. Die Empfehlung stammte von m Sohn n.
3q notierte unter Tillichs Unterschrift: "r ist Sozialist, früher Pastor u. wegen Sozialismus abgegangen, dem er nun seine Stell[un]g. verdankt. Ob er wiss. so gut sei wie Tillich??? Wenn wir s bekämen, wäre es das beste."

Register

aBerlin-Friedenau
bRuprecht, Wilhelm
cWegener, Carl Richard
dBerlin-Charlottenburg
eWegener, Carl Richard
fRuprecht, Gustav
gRothacker, Erich
hRothacker, Einleitung in die Geisteswissenschaften, 1920
iRuprecht, Günther
jNohl, Herman
kWundt, Max
lRothacker, Erich
mRuprecht, Gustav
nRuprecht, Günther
oTillich, Das System der Wissenschaften nach Gegenständen und Methoden. Ein Entwurf v..., 1923
pTillich, Paul
qRuprecht, Wilhelm
rWegener, Carl Richard
sWundt, Max

Überlieferung

Signatur
Deutschland, Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Staatsbibliothek zu Berlin, Archiv des Verlages Vandenhoeck und Ruprecht
Typ

Brief, eigenhändig, Unterstreichungen des Empfängers

Postweg
Berlin-Friedenau - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Brief von Wilhelm Ruprecht an Paul Tillich vom 16. Dezember 1921
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Wilhelm Ruprecht an Paul Tillich vom 4. Mai 1922

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Wilhelm Ruprecht vom 2. Mai 1922, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00753.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

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