Der editierte Text

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D. 2. April. 1918.
Lieber a!

Nachtmärsche – Biwaks – Flieger – Granaten – tote Engländer – Wüsteneien, und als wir dann in den Kampf sollten, versagten die Nerven; unser Arzt schickte mich zur Erholung ins b.1 In spätestens 14 Tagen hoffe ich zurück zu sein; nach Deutschland wollte ich nicht; es geht mir nicht einmal besonders schlecht, damals nach e wars viel schlimmer; aber ich konnte es nicht mehr leisten; das zeigt mir, daß es an der Zeit ist, überhaupt zurückzukommen, wie so viele, zumal ja noch viele herausmöchten. Ich bin also bereit zu kommen, wenn Ihr mich braucht und ruft |:(reklamiert):|. Der Abschied von der Division wird mir das Herz bluten lassen; schon der Weggang in diesen Tagen ist mir bitter geworden; aber es muß wohl sein; hier bin ich nichts Ganzes mehr. Und das ist ein unerträglicher Gedanke; in der Heimat werde ich mit den Erlebnissen des Feldes vielleicht manchem etwas geben können. Steckt mich, wohin Ihr wollt, nur daß ich in f| wohnen kann, damit ich nicht zwei Wohnungen bezahlen muß, und wenig Amtshandlungen, höchstens alle 14 Tagen Predigt habe. Am besten wäre wohl die verhandelte Stelle in g; Zugleich würde ich vor Antritt 4 Wochen Urlaub erbitten, um den Krieg auszukurieren; ich hoffe, daß das geht. Besprich also die Sache mit h und nimm dieses als offizielle Anschrift an den i! – Hier im Lazarett ist es ebenso ruhig wie langweilig; auf die Dauer helfen kann das natürlich nicht, aber ich wollte nicht so plötzlich, fluchtähnlich die Division verlassen; das macht einen schlechten Eindruck; am schwersten wird mir die Trennung von unseren Infanterieleutnants, die mich alle kennen und gern gehört haben. Wenn alles klappt, kann ich vielleicht schon zu Deinem Geburtstag bei Euch sein. Antworte mir bitte gleich an meine Divisionsadresse.

Dein j.

Bei der Reklamation zu beachten, daß ich "außeretatsmäßiger, freiwilliger" bin, dann geht es leichter.


Fußnoten, Anmerkungen

1Vgl. c. Dor wird für den 7. April ein Lazarettaufenthalt in d erwähnt.

Register

aTillich, Johannes Oskar
bGuise
cTillich, Ein Lebensbild in Dokumenten: Briefe, Tagebuch-Auszüge, Berichte, 1980
dGuise
eVerdun
fBerlin-Friedenau
gBerlin-Neukölln
hSteinhausen, Hermann
iGrimms, ???
jTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
USA, Cambdridge, MA, Harvard University, Harvard Divinity School Library, Tillich, Paul, 1886-1965. Papers, 1894-1974, bMS 649/193(16)
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
unbekannt - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Johannes Tillich vom 13. März 1918
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Johannes Tillich vom 31. Mai 1918

Entitäten

Personen

Orte

Literatur

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Johannes Tillich vom 2. April 1918, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00565.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

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