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D. 23. Nov. 1916.

Lieber Papa!

Eben die Nachricht1] von Toni bekommen2] und an Tante Grete geschrieben. Es ist nicht das was wir empfanden, als unsere Mutter gestorben war, aber es ist doch für Dich ein Schmerz, der nie ganz mehr verwunden werden kann. Was mir die Großmutter war, das weißt Du ja, wie unendlich viele schönste Erinnerungen sich an sie knüpfen, das werde ich merken bis zum Ende meines Lebens. Was sie Dir noch in der letzten Zeit gewesen ist, auch als Ersatz für das Größte, was Du verloren hast, das wissen wir. Wir leiden miteinander, wenn wir auch weit getrennt sind, wir verlieren beide unendlich viel. -- Wir halten jetzt Toten| fest-Predigten, Du vor Menschen, die ihre Lieben verloren haben, ich vor Menschen, die wissen, dass ihre Todesstunde wohl nicht mehr weit ist. Es ist etwas furchtbar Erschütterndes darin; und doch greifen die 1000 Toten, die wir in 14 Tagen an der Somme haben, nicht so gewaltig ans Herz; wie das alte geliebte Großmütterlein! Ich predige über den Text: Wir haben hier keine bleibende Stadt --- Was sollen wir auch hier, wenn alles, alles von uns geht! Aber ich klammere mich fester denn je an die zukünftige. Ich will, ich predige, ich kämpfe für die Ewigkeit. Aber die Wehmut bleibt, die zermürbende Wehmut der Vergänglichkeit, des für immer Vergangenen. – Unser Bürgertum ist nicht auf Erden! – Heut war wohl die Beerdigung.

Mein lieber lieber Vater!
Dein Paul
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