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Lichtenrade , den 13.05.1913

Lieber Tillich,

wundern Sie ich nicht, daß ich einen Brief schreibe, aber es ist wohl angebrachter! Also: die Hauptsache, daß Sie Donnerstag telegraphieren, recht geistreich, als Adresse einfach: Bleile [?], Magdeburg , Yorckstr. 2. Meine Heimfahrt Abends war noch kläglich. Den ersten Zug versäumte ich na| türlich, und der nächste hatte eine halbe Std.Stunde Verspätung, so daß ich erst gegen 10 Uhr zu Haus war. Außerdem wurde ich auf der Straße (zum ersten Mal) angeredet, indem ein wohlgekleideter Jüngling auf mich zukam, seinen Hut lüftete und fragte: "Ach Fräulein, Sie werden entschuldigen, können Sie mir vielleicht sagen, wo ich hin will?“ Worauf ich erhobenen Hauptes, ohne ihn anzusehen od.oder zu antworten weiter ging. - Doch nun | Schluß. Ihre Predigt beschäftigte mich noch viel. το πνεύμα κρειττον ἐστω ἠ ἡ σαρξ! [in etwa: „Der Geist sei stärker als das Fleisch!“] - Ich freue mich, daß Sie mein Freund jetzt sind! -

Herzlichen Gruß
Ihre Maria Klein.

Erholen Sie sich gut, und kommen Sie am Sonnabend d.den 24. d. M.Mai zu uns, um mir von Lahusen Bericht zu geben.

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