Der editierte Text

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Lieber a!

Hätte ich nicht schon längst den Wunsch gehabt, Dir zu schreiben, Deine Karten hätten mir einen derartigen Stoß gegeben, daß ich es nicht länger hätte aushalten können. Dazu kommt die erfreuliche Tatsache, daß ich jetzt täglich einige Zeit für Ruhe und Arbeit habe, ganz im Gegensatz zum Ende des vorigen Semesters; es ist doch etwas ganz anderes, wenn man die Sachen selbst in der Hand hat und dirigiert, als wenn man im Hintergrund mit allen möglichen Schwierigkeiten zu rechnen hat, die jetzt wegfallen. Das kann Dich auch wegen der Sorge über meine Gesundheit einigermaßen beruhigen. Aufregen tue ich (d. h. mein Magen) |:(m):|sich nur eine Stunde vor einer zu haltenden Pauke, im übrigen bin ich außerordentlich ruhig, besonders in Sachen Bundesstunk, wenn sich meine Nase an jede Art von Möv total gewöhnt hat. Auf der b1 werde ich ja noch einiges davon zu riechen bekommen, zumal ein verrücktes Konglomerat von Vertagungs- und Halbvertagungsanträgen die Aufhebung des Aktivitätszwanges2 doch auf die g schleppen| wird. Das Anspiel wird eine Sitzung bilden, die der Ph.A.D. der Straßburger, Marburger x und ich, während der Begrüßungskneipe in h, im Fürstenhof haben werden. Also nicht einmal i wird bleiben! Und was dann kommt....?? (j? etc.) Was wird nun mit Euch? (k und Du). Selbstverständlich pumpe ich Euch hiermit feierlichst ein, unter den beschlossenen Bedingungen (sämtliche Kosten, die es Euch mehr machen würde, als das diesbezügliche l?) zu kommen. Doch bleibt noch die Frage, ob es wirklich praktisch wäre, und nicht doch eventuell besser, wenn wir bei Gelegenheit des m Stiftungsfestes3 über o4 gingen. Bitte erwäge es recht genau mit t! In Betracht kommt natürlich vor allem auch, ob u auf die v kommt, was ja jetzt leider sehr unsicher ist5 Es war noch wunderschön mit ihm die Paar Tage und nach den ersten Aufregungen immer eine Abspannung und Erholung; ich erwarte stündlich Nachricht aus y resp. z. Wenn es nur nichts Gefährliches ist! – Ich bin natürlich infolge| seiner Abreise auch etwas einsamer (natürlich in Bezug auf die „Alten“); denn Jugend(!) schwirrt in Fülle um mich rum, 60 t. Brüder eine Frau, u.s.w. was kann man mehr wünschen, wirst Du denken Und doch!..... – – –
An Tatsachen noch folgendes: Der Konvent wies das gewohnte Bild auf: „Der König sprach und alle, alle schwiegen;“ und dabei sprach er noch so wenig absolut, daß wirklich keine Gefahr dabei war; aber die Angst ist zu groß. aa ist sehr artig; er war nicht einmal dagegen, als wir heute im a-h-c6 ab als Ersatz für ac zum a-h-c aufstellten; natürlich ist es eine etwas zweifelhafte Sache, doch hoffe ich, w es wird gutgehn und auch für ihn gut sein. – Kraßfüxe haben wir also 12, Brandner7 4, Summe 16 Füxe in ad, seit „der Konfuxie“ nicht mehr dagewesen. – Die Bundesbrüder sind alles diejenigen, welche im vorigen Semester eine stille, resp. oppositionelle Hallenser Gemeinde in den Brüderverbindungen gebildet hatten und deren Einleben daher ohne Schwierigkeit vor sich geht. Die Gefahr| liegt eher im Schlafen, wenn auch eine Menge begabte Leute da sind. –
Zwar-Aber hat sich gestern getrennt.
Zwar: Papst ae. af, ag, ah, ai (Wa) aj (Gi) [Letzterer begabt, ὑιός ε. πν. von ak
Aber: Papst Joh. al, am, an, ao, (Ro, {¿¿}ts) ap (aq)
Bis jetzt also 6 auf jeder Seite, im übrigen Spekulation auf die diesbezüglichen....
Was Kollegs betrifft, so höre ich nur ar, Praktische Theologie II (Seelsorge), [gut] und Ethik, die ich einigermaßen kapiere (40 t. Brüder), as ??? näheres später!, at Homiletisches Seminar (Predigt!!!!!).
An au: Er soll schleunigst antworten, besonders in Bezug auf av!!! An aw: Besten Dank für Brief8 (Wo ist er jetzt?) An ax: Hast du den Philistern hier zum Geburtstag gratuliert? Ist wohl überflüssig!! Wo hast Du alle Briefe etc. aufbewahrt und was davon kommt ins Gehirn?

Antworte bald! Herzlichen Gruß
Dein treuer ay

Fußnoten, Anmerkungen

1Das 28. Wartburgfest des Wingolfsbundes fand vom 21. bis zum 24. Mai 1907 statt.
2Gemeint ist der Aktivitätszwang innerhalb des Wingolfsbundes. Der Aktivitätszwang sah vor, dass Konkneipanten und Aktive einer Verbindung, wenn sie an eine andere Universität wechselten, an welcher eine andere Wingolfsverbindung bestand, sie an dem Leben dieser Verbindung gezwungen waren teilzunehmen, sofern sie Mitglied des Wingolf bleiben wollten. Im sog. Prinzipienstreit, der im Wintersemester 1905/06 ausbrach, trat ein Dissens in Bezug auf das dem Wingolf zu Grunde liegende Christentumsverständnis im Bund zutage, der aus Sicht der zwei sich bildenden maßgeblichen Parteien den Aktivitätszwang aus je verschiedenen Gründen infrage stellte. Da man sich nicht einmal über die zu erfüllenden Kriterien für eine Aufrechterhaltung des Aktivitätszwangs einigen konnte, blockierten sich beide Parteien noch bis in den Februar 1907 mit jeweiligen Anträgen und Gegenanträgen, die jeweils Bedingungen aufstellten, unter welchen über die Anträge der gegnerischen Seite abzustimmen sei. (Siehe v.a.: August Hirtzel: c, in: Wingolfs-Blätter 36 (1906/07), Heft 10, S. 87 f. sowie ders.: d, ebd., Heft 11, S. 94.) Nachdem die e Verbindung lange für die Aufrechterhaltung des Aktivitätszwangs eintrat, stellte sie kurz vor dem Wartburgfest 1907 am 24. April 1907 vor dem Bund den Antrag, den Aktivitätszwang aufzuheben. Dieser Antrag wurde angenommen. (Siehe: August Hirtzel: f, in: Wingolfs-Blätter 36 (1906/07), Heft 19, S. 171.)
3Das 50. n Stiftungsfest fand vom 22. bis zum 24. April 1907 statt.
4Warum p q den Weg über r vorschlägt, ist unklar. Eine Veranstaltung des s Wingolfs in dem in Frage kommenden Zeitraum ließ sich nicht ermitteln.
5Gemeint ist w. Laut Teilnehmerliste hat x nicht am 28. Wartburgfest teilgenommen.
6Gremium, das die Beschlüsse des Convents vorbereitet.
7Brandfux = Mitglied der Verbindung im 2. Semester.
8Nicht überliefert.

Register

aFritz, Alfred
bWartburg
eHalle (Saale)
gWartburg
hRuhla
iRuhla
jLeimtopf
kKilger, Albert
lSchwarzwalddorf
mStraßburg
nStraßburg
oTübingen
pTillich, Paul
qFritz, Alfred
rTübingen
sTübingen
tKilger, Albert
uSchafft, Hermann
vWartburg
wSchafft, Hermann
xSchafft, Hermann
yHersfeld
zKassel
aaGaul, ???
abBertheau, Lorenz
acHessig, ???
adHalle (Saale)
aeBalke, Hans
afBertheau, Lorenz
agStosch, Martin
ahJungklaussen, ???
aiHeermann, Adolf
ajVeit, ???
akZentgraf, ???
alSchreiber, Hans
amSchuster, Daniel
anKilger, Albert
aoVethake, Hans
apStruckmeier, Georg
aqBonn
arBornhäuser, Karl
asHeim, Karl
atBornhäuser, Karl
auKilger, Albert
avBerlin
aw???, Daniel
axFritz, Alfred
ayTillich, Paul

Überlieferung

Signatur
Deutschland, Marburg, Philipps-Universität Marburg, Deutsches Paul-Tillich-Archiv, 008C
Typ

Brief, eigenhändig

Postweg
ohne Ort - unbekannt
voriger Brief in der Korrespondenz
Postkarte von Alfred Fritz an Paul Tillich vom 23. Dezember 1906
nächster Brief in der Korrespondenz
Brief von Paul Tillich an Alfred Fritz von 1907

Entitäten

Personen

Orte

Zitiervorschlag

Brief von Paul Tillich an Alfred Fritz von 1906/1907, in: Paul Tillich, Korrespondenz. Digitale Edition, hg. von Christian Danz und Friedrich Wilhelm Graf. https://tillich-briefe.acdh.oeaw.ac.at/L00133.html, Zugriff am ????.

Für Belege in der Wikipedia

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