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Ihr herzlicher Gruß hat mich sehr erfreut
Und möcht ich denselben erwiedern nun heut.
Zuvor aber bitt ich den Herrn Philosophen
Allein sich zu amüsieren über die holprigen Strophen —
Wenn er es nicht thut, blamiert er sich selbst
Weil er mit solch einer dummen Freundschaft noch hält.
Gedanken, nicht gebunden an Zeit und an Raum
Eilten selbstverständlich sehr häufig zu meinem Paul.
War jedoch alt geworden, hat warten gelernt
Bemißt die Freundschaft auch nicht nach vielen Briefen
Weiß ja, daß wahre Treu sich stets ist gleichgeblieben.
Aufrichtig leid that es mir, zu hören, daß Sie
Nicht theilnehmen durften an der Wartburg-Partie.
Doch die Erfahrung hat sicher auch Ihnen gelehrt:
Wie einsam sein und die eigne Gesellschaft lieben
Zuweilen sehr nöthig und heilsam ist.
Doch doppelt gefreut dafür hab ich wirklich mich
Als ich vernommen, daß Ihr Allgemeinbefinden ein gutes ist.|
Von Herzen wünsch ich, daß es so bleibt
Wodurch wird erhöht des Wiederseh'ns Freud'.
Ein Weilchen muß freilich ich noch harren darauf
Kann sehen derweil noch manch Wässerlein laufen bergab und bergauf -
Ja mehr noch - mit Schrecken seh ich kommen den Tag
An welchen ich heut noch nicht denken mag. -
Dann ziehen meine Lieben in weite Fern'
Welche ich zwar nicht oft, aber doch gesehen stets gern.
Genug doch der Klagen — sollst schämen dich
Und lieber dich freuen herzinniglich.
Daß endlich die Zeit naht für Deinen Superintendent
Wo ihm jeder von Herzen eine Erholung gönnt. -
Zum Schluß denn nun noch herzlichen Gruß -
Daß Gott Sie täglich behüt, ist meine Bitt!
Und hat mein Paul einst wieder Lust und Zeit
Weiß ich, daß durch ein paar Zeilen er gern wieder erfreut
Die nun bald einsam hier weilende
Schwester Therese

Berlin 21. Juni 1905

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