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Liebste Hannah!1]

Als ich Dir telegraphierte, war äußerlich noch nichts entschieden. Aber innerlich der Eindruck in Halle, wo ich mit den meisten Professoren zusammen war, war der einer großen Enge und Ferne von den großen Strömungen der Kultur; auch in Geschmack, Lebensform etc. ein Niveau, das z. B. für Dich unmöglich wäre. Sie waren sehr nett, haben mir alle zugeredet und wir haben das Problem Theologie-Philosophie in aller Tiefe | durchgesprochen. – Mit Richter war es reizend, höchst freundschaftlich und vergnügt. Er stellte mir Berlin in 1 ½ Jahren in Aussicht, sagte aber, daß er meine Argumente völlig verstände und auf wiederholtes Fragen, daß Berlin durch eine Ablehnung nicht ausgeschlossen sei. Ebenso sagte er auf Befragen zum Schluß, daß er es mir absolut nicht übel nähme, wenn ich ablehnte. Wir machten daraufhin keine | Berufungsverhandlung; er sagte mir aber, daß ich finanziell so gut wie keinen Vorteil gehabt hätte. Ich habe das Gefühl, daß Richter die Sache nicht sehr tragisch nahm. – Der Minister war nicht da. – Dann etwas Wichtiges, das ich dich bitte, gleich an Schulz zu geben. Wir kriegen Jansen, wenn Richter weiß, daß er kommen will. Richter bittet nun, daß wir ihm darüber Gewißheit verschaffen. Das ist sehr eilig. | Im Übrigen ist Halle wirklich ein furchtbares Nest, viel häßlicher als ich es in Erinnerung hatte. – –

Ich werde nun noch morgen mit den Freunden reden und dann von hier aus abschreiben. Also zieh in Ruhe um und sei vorsichtig mit dem Auto. In mir bewegt sich immer noch die große Entscheidung. Das Meer ist noch nicht zur Ruhe, trotzdem der Sturm vorbei ist.

Dein Paul
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