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den 01.08.1921

Liebe Hannah!

Nur ein paar Worte, mehr kann ich nicht, ehe Du nicht geschrieben hast, und ich nicht weiß, über wen ich an Dich schreiben kann. Meine Adresse vom Sonntag, d. 14. an ist: Kloster auf Hiddensee Rügen, bei Schmiedemeister Mann. – Ich danke Dir, daß Lotte St. mir Blumen hinstellen sollte; sie war im letzten Augenblick gehindert; aber ich danke Dir, sehr!! – Wir leben nicht zueinander, sondern zum Meer; sie sorgt sehr lieb und gut für mich; wir sind viel zusammen; aber wir reden kaum; und alles andere wäre nicht einmal vorstellbar. Das ist nicht gut und nicht schlecht; das ist Meer, also Größe, also Freiheit von sich selbst, also Reinheit, Weite, Härte, Kraft; all das ist Meer; und ich bin Meer, bin stumm und demütig leidend unter nun 5-tägigem Sturm, der das Haupt beugt und an dem Leib zehrt, der alles durchspült, fast unter | Qualen und wegspült, was Staub ist und nicht auf dieses Meerumbrauste Fetzchen Land gehört. Noch bin ich müde, noch lasten die vergangenen Wochen mit der großen Schicksalsfrage, die sie an mich stellen; noch wirkt Gedankenlast des Semesters und verbündet sich mit neuen Aufgaben, die groß und drückend sind. Ich werde irre an meiner Kraft. Ich komme nicht zum Werk; ich suche und bin offen für jede neue Welle des Geistes und des Meeres. Ich komme nicht zum Werk, weil ich nicht zur Persönlichkeit komme. – Aber ich will, ich muß, und koste es das Leben!

Paul.
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