Geliebte Hannah!
Nun haben uns die dunklen Gewalten, die zwischen uns hin- und hertoben, in die Höhe
der eisigen, ewigen Unbedingtheit und in die Tiefe des großen Schweigens der Todesnacht
geworfen, und alle Fasern unsers Innern haben gezuckt, und ich habe gezuckt unter
den harten Worten Deines letzten Briefes, die ja nichts sind als das Wort meiner Selbstanklage,
und darum schwer und bitter trafen; und als ich Deinen Brieftraf las, war mir wie einem Wanderer in der Wüste; fast konnte ich den Glutwind der Feindschaft
nicht mehr ertragen, als die Oase mich aufnahm: Deine letzten Worte, die mich auf
die grüne Aue unserer Liebe führten. Und nun sage ich Dir: Lassen wir das Meer brausen
und wallen; wir haben es wieder durchfahren in wilder Sturmnacht; und wir werden es
wieder durchfahren müssen in noch wilderem Sturm; den[n] wir sind Segler in unbekannte
Länder in Nord und Süd. Aber nicht immer ist es möglich, auf dem Meer zu kämpfen;
und auch |
uns gilt das Wort Laotses, daß das Feinste und Zarteste in der Welt das Stärkste
und Mächtigste ist! Oh Hanna, und wenn ich alles zusammennehme, so sind es doch nicht
die wilden Stürme und die dunklen Abgründe in Dir, sondern es ist das stille weiche
Leuchten Deiner Augen in überirdischem Glanz, was mich zu Boden werfen kann, und Deine
Füße mich küssen läßt. Denn das ist das Licht der ewigen Güte, der niemand und nichts
widerstehen kann. Deine Pfeile, sie überwinde ich, indem ich sage: Du hast Recht,
und es sind im Grunde nur meine eigenen Pfeile, und ich bin bereit, allen Schmerz
zu tragen, weil es so gerecht ist; und damit bin ich Herr meiner Leiden! Und Deine
Güte, die aus Deinen Augen strahlt: Dein Zartestes, das ist stärker als ich; denn
es ist ja auch nicht Du! Ich lege meine Hand auf Deine Augen und Deinen Kopf auf meine
Brust, und bin ganz still und lasse nur zittern all das wilde Grauen des Kampfes,
der war und der sein wird.
Schreib mir noch einmal die andere Adresse und was ich dort hinschreiben soll