Liebe Hannah!
Wo soll ich Dich suchen? In Deiner „Bude“ in Neu-Kölln oder im Crone[?]-Palast in Magdeburg? Bei „Nora“
oder in Marburg? Du schreibst nicht und empfängst von mir die ungeheure Leistung einer Karte und
zweier
Briefe! – Und ich sitze hier und vertiefe mich in DeineBriefe Gedichte; aber wenn ich durch
sie hindurch zu Dir will, so weiß ich nicht, wo ich hin soll. Ich will Dich sehen,
Dich haben, Dich
trinken, noch einmal etwas von Deiner Feuerseele trinken, ehe sie lange für mich verlöscht.
– Klingle
bitte Sonntag Mittag an, damit wir was verabreden können! Auf jeden Fall halte Dir Donnerstag Abend
frei. – Wenn Du am Montag ins Kolleg kommen solltest, so wird ein groß Gedränge von
Bekannten um den
Herrn Dozenten sein, in |
dem ich Dich nicht gern sehen würde, da ich es stillos fände, wenn Du
so zu mir kämst. Auch muß ich gleich nachher weiter zur Volkshochschule; also: Laß mich
im Vortrag zu
Dir sprechen und antworte mir in Gedanken, und dann auf Wiedersehen mit Dir allein!
Hier war viel schlechtes
Wetter, aber doch ist der Ort so schön, daß mir keine Stunde Leid tut; nur hin- und wieder zu viel
Geschwätz. Aber ich habe mich oft absentiert und Probleme gewälzt, die so zahlreich
sind, wie Sand am
Meer und so unendlich wie das Meer selbst. Wie viel könntest Du mir helfen mit Deinen
Intuitionen, die
zu logisieren mir schönste Aufgabe wäre. – Liebst Du es auch so, zwischen Weinbergen
zu gehen, die rein
ästhetisch doch wenig bieten? Mir ist es höchste Lebenslust; ich weiß nicht warum,
vielleicht mein starker
Tropfen rheinisches Blut! Noch immer schau ich auf das Dorf da unten; aber alle Häuser
sind mir leer!