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den 01.04.1920

Liebe Hannah!

Wo soll ich Dich suchen? In Deiner „Bude“ in Neu-Kölln oder im Crone[?]-Palast in Magdeburg? Bei „Nora“ oder in Marburg? Du schreibst nicht und empfängst von mir die ungeheure Leistung einer Karte und zweier Briefe! – Und ich sitze hier und vertiefe mich in DeineBriefe Gedichte; aber wenn ich durch sie hindurch zu Dir will, so weiß ich nicht, wo ich hin soll. Ich will Dich sehen, Dich haben, Dich trinken, noch einmal etwas von Deiner Feuerseele trinken, ehe sie lange für mich verlöscht. – Klingle bitte Sonntag Mittag an, damit wir was verabreden können! Auf jeden Fall halte Dir Donnerstag Abend frei. – Wenn Du am Montag ins Kolleg kommen solltest, so wird ein groß Gedränge von Bekannten um den Herrn Dozenten sein, in | dem ich Dich nicht gern sehen würde, da ich es stillos fände, wenn Du so zu mir kämst. Auch muß ich gleich nachher weiter zur Volkshochschule; also: Laß mich im Vortrag zu Dir sprechen und antworte mir in Gedanken, und dann auf Wiedersehen mit Dir allein! Hier war viel schlechtes Wetter, aber doch ist der Ort so schön, daß mir keine Stunde Leid tut; nur hin- und wieder zu viel Geschwätz. Aber ich habe mich oft absentiert und Probleme gewälzt, die so zahlreich sind, wie Sand am Meer und so unendlich wie das Meer selbst. Wie viel könntest Du mir helfen mit Deinen Intuitionen, die zu logisieren mir schönste Aufgabe wäre. – Liebst Du es auch so, zwischen Weinbergen zu gehen, die rein ästhetisch doch wenig bieten? Mir ist es höchste Lebenslust; ich weiß nicht warum, vielleicht mein starker Tropfen rheinisches Blut! Noch immer schau ich auf das Dorf da unten; aber alle Häuser sind mir leer!

Auf Wiedersehen!
P.
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