Brief von Paul Tillich an Ministerialrat Prof. Werner Richter vom 10. November 1924

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Berlin-Friedenau, Taunusstr. 1
den 10.11.1924

Hochverehrter Herr Ministerialrat!

Hierdurch möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich nun definitiv für Marburg entschieden habe. Ihre gestrige Unterredung mit Herrn Geheimrat Seeberg, deren Inhalt er mir telefonisch mitgeteilt hat, hat endgültig den Ausschlag gegeben. Ich hoffe, dass Sie mir wegen meines vielleicht allzulangen Zögerns nicht zürnen. Es war keine ganz leichte Entscheidung.

Zugleich aber wage ich, gleichfalls auf Grund der Unterhaltung mit Herrn Geheimrat Seeberg, noch mit einer Bitte an Sie heranzutreten. Am Freitag teilte mir die "Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft" mit, dass mein Forschungsstipendium am 1. April abgelaufen sei. Gleichzeitig muss ich infolge des bevorstehenden Umzuges auf die Vermietung eines ziemlich hochwertigen Zimmers verzichten. Aus diesen Gründen wäre ich sehr dankbar, wenn mein Lehrauftrag noch etwas heraufgesetzt werden könnte. Da ich mich noch vor dem Sommersemester zu verheiraten gedenke, wäre ich Ihnen für die Gewährung meines Wunsches außerordentlich dankbar.

Mit herzlichem Dank für Ihr Entgegenkommen
bin ich
Ihr sehr ergebener

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