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Hersfeld, den 19. VIII.

Mein lieber Junge,

heute ist Albert, den ein Magenübel länger hier hielt, das mich jetzt in etwas andrer Form plagt – abgereist u. so habe ich wenig Zeit Dir meine Wünsche zu schicken, da heute Nachmittag Besuch machen u. anderer Vertrieb folgt. Ich bin auch noch nicht so zur extensiven Ruhe gekommen um Dir in längerer| Epistula mein Gemüt u. Willen zu offenbaren. – Auch was ich Dir als symbolum fidei auf den Geburtstagstisch legen soll ist mir noch nicht eingefallen;– es wird dann später Dich erfreuen. Jedenfalls wünsche ich Dir die bekannte Stelle vom Ende des zweiten Lucas Kapitel auch für das nächste Jahr weiter. Hoffentlich giebt der liebe Gott dauernd gute Gesundheit. Du hast im letzten Semester etwas leisten dürfen – das ganze Jahr ist überhaupt ein reiches gewesen – sonderlich der Sommer u. Du wirst wohl| sehr dankbar sein. Hoffentlich gelingt Dir die Conzentration für Dich so gut wie die Conz... im Dienst des Wingolfzirkel ! Von Statutenrevisionen bist Du frei u. Kirchengeschichtstabellen werden sie ersetzen. Ich freue mich schon auf den ersten Deiner Briefe, wo du mir schreibst, daß Dich die Arbeit begeistert.

Wie gern sähe ich Dich hier!! Aber ich fürchte fast es geht nicht. Augenblicklich muß ich meine ganze Kraft auf Vorbereitung zur Silberhochzeit| lenken – u. bin auch ruhebedürftig nach dem (doch anstrengenden) Nachsemester. Dann wird das Haus zu voll! Aber schreib' mir doch Deine Reisepläne; vielleicht gehts doch. Auf Deinen Brief freue ich mich sehr – er ist nachgerade ein Buch geworden, wenn er da anfängt mit Erzählen wo er z. ersten Mal versprochen wurde. Bitte vergiß im Repertoir nicht Deinen Lbfx, – Deine Familie, u. – nolens volens den Juden – wenn was interessantes von ihm zu sagen ist. Wo ist Friedrich?| Dir u. ihm herzlichsten Dank für den Medikus. Albert hat z. Teil mitgenossen. Im übrigen erhältst Du über Alberts u. H B. hiersein – auf Wunsch noch genaueren Bericht. Es war schade, daß er Rocuck u. ich unwohl war, so hat die Physis das πνευμα eingeschränkt; wir qualmten mehr als wir leuchteten. Aber warm war's doch!! –

Ist das Typ nicht sehr sinnig und nett? –

Alter Junge, ich wäre gern bei Dir u. vermisse doch manchmal die gemeinsamen Nachtbummel| u. Sitzungen auf Deiner alten u. warmen Bude! – Wir haben uns doch manchmal aneinander beruhigt! Jetzt sind’s bald 3 Jahr, daß ich Dich von ferne z. ersten Mal sah!–

Ich habe immer noch ein schlechtes Gewissen – wegen Deiner Erzählungen von allzu schlechter Behandlung im Anfang. –

Daß das Kleeblattbild nichts wurde – ist mir untröstlich. Morgen werde ich oft an Dich denken. Bitte schick'| umgehend sämtliche anständigen Typs von Dir! Ich habe noch Keins!! (sic!!) Nun schreib' mal wirklich einen persönlich netten Brief an mich!!

Verleb den Tag nett.

Leb wohl!

Verzeih Kürze u. Flüssigkeit aber ich habe keine Zeit!

Von Herzen bin u. bleibe ich
Dein Hermann

Grüß Deine lb. Familie sehr von mir. Der Gruß D. Schwester sollte wohl nach der Klammer zu schließen nur zum Weitergeben sein?

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    Literatur:

    • Medicus, Fritz. J.G. Fichte: Dreizehn vorlesungen gehalten an der Universität Halle. Deutschland: Reuther & Reichard, 1905.