Brief von Paul Tillich und Greti Wever an Alfred Fritz vom 25. September 1914

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Lieber Frede!

In „Ihrer“ Pension mit einer Seite aus Ihrem Tagebuch, während Sie sich anzieht zum Theater, im Nebenzimmer, sitze ich und freue mich, und denke an Dich, daß dies alles nun schon 5 Jahre bei Dir vorbei ist – und Du morgen so alt wirst, wie ich war, als ich sie1] noch nicht hatte, und wundre mich, wie ich mich alle Tage wundre, und wünsche Dir, daß Du auch in Eurem zweiten Jahr2], dem zweiten seit jenem denkwürdigen Polter-Theater3], Dich immer wieder und immer gleich wundern möchtest –– und danke Dir für das große Opus Deines letzten Lebensjahres, mich in das Sanatorium meiner Berlin-zerrütteten Seele geführt zu haben und mir ein gar kräftig Trünklein eingegeben, das süß schmeckt und bitter zugleich4], aber der Nachgeschmack ist süß: Das merke ich jetzt mehr als im „Sanatorium“ und bin im Phäakenlande | mitten in Babylon und sehe Baylon mit Phäakenblicken und spreche mit Odysseus zu Nausikaa: γούνουμαί σε ανάσσα θεός γέ σύ ἥ βρότος ἔσσιHom. Od. VI, 149. .... freilich fällt hier kein Ball in die Wellen, daß sie mit ihm spielen... aber dennoch spielen wir–––

Dein Paul
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Lieber Frede,

nachdem ich vergebens die letzten Sätze von Deinem Schwager mich zu verstehen bemühte habe; bleibt mir nichts anderes übrig auf gut Glauben dieselben zu unterschreiben. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstage. Wenn der Arzt mir weniger auf der Seele läge, wäre an diesen Tagen nichts auszusetzen.

Mit Grussen an Johanna.
    Entität nicht im Datensatz vorhanden

    Personen:

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    Lieber Frede!

    In „Ihrer“ Pension mit einer Seite aus Ihrem Tagebuch, während Sie sich anzieht zum Theater, im Nebenzimmer, sitze ich und freue mich, und denke an Dich, daß dies alles nun schon 5 Jahre bei Dir vorbei ist – und Du morgen so alt wirst, wie ich war, als ich sie1] noch nicht hatte, und wundre mich, wie ich mich alle Tage wundre, und wünsche Dir, daß Du auch in Eurem zweiten Jahr2], dem zweiten seit jenem denkwürdigen Polter-Theater3], Dich immer wieder und immer gleich wundern möchtest –– und danke Dir für das große Opus Deines letzten Lebensjahres, mich in das Sanatorium meiner Berlin-zerrütteten Seele geführt zu haben und mir ein gar kräftig Trünklein eingegeben, das süß schmeckt und bitter zugleich4], aber der Nachgeschmack ist süß: Das merke ich jetzt mehr als im „Sanatorium“ und bin im Phäakenlande | mitten in Babylon und sehe Baylon mit Phäakenblicken und spreche mit Odysseus zu Nausikaa: γούνουμαί σε ανάσσα θεός γέ σύ ἥ βρότος ἔσσιHom. Od. VI, 149. .... freilich fällt hier kein Ball in die Wellen, daß sie mit ihm spielen... aber dennoch spielen wir–––

    Dein Paul
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    Lieber Frede,

    nachdem ich vergebens die letzten Sätze von Deinem Schwager mich zu verstehen bemühte habe; bleibt mir nichts anderes übrig auf gut Glauben dieselben zu unterschreiben. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstage. Wenn der Arzt mir weniger auf der Seele läge, wäre an diesen Tagen nichts auszusetzen.

    Mit Grussen an Johanna.
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      Lieber Frede!

      In „Ihrer“ Pension mit einer Seite aus Ihrem Tagebuch, während Sie sich anzieht zum Theater, im Nebenzimmer, sitze ich und freue mich, und denke an Dich, daß dies alles nun schon 5 Jahre bei Dir vorbei ist – und Du morgen so alt wirst, wie ich war, als ich sie1] noch nicht hatte, und wundre mich, wie ich mich alle Tage wundre, und wünsche Dir, daß Du auch in Eurem zweiten Jahr2], dem zweiten seit jenem denkwürdigen Polter-Theater3], Dich immer wieder und immer gleich wundern möchtest –– und danke Dir für das große Opus Deines letzten Lebensjahres, mich in das Sanatorium meiner Berlin-zerrütteten Seele geführt zu haben und mir ein gar kräftig Trünklein eingegeben, das süß schmeckt und bitter zugleich4], aber der Nachgeschmack ist süß: Das merke ich jetzt mehr als im „Sanatorium“ und bin im Phäakenlande | mitten in Babylon und sehe Baylon mit Phäakenblicken und spreche mit Odysseus zu Nausikaa: γούνουμαί σε ανάσσα θεός γέ σύ ἥ βρότος ἔσσιHom. Od. VI, 149. .... freilich fällt hier kein Ball in die Wellen, daß sie mit ihm spielen... aber dennoch spielen wir–––

      Dein Paul
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      Lieber Frede,

      nachdem ich vergebens die letzten Sätze von Deinem Schwager mich zu verstehen bemühte habe; bleibt mir nichts anderes übrig auf gut Glauben dieselben zu unterschreiben. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstage. Wenn der Arzt mir weniger auf der Seele läge, wäre an diesen Tagen nichts auszusetzen.

      Mit Grussen an Johanna.
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        Lieber Frede!

        In „Ihrer“ Pension mit einer Seite aus Ihrem Tagebuch, während Sie sich anzieht zum Theater, im Nebenzimmer, sitze ich und freue mich, und denke an Dich, daß dies alles nun schon 5 Jahre bei Dir vorbei ist – und Du morgen so alt wirst, wie ich war, als ich sie1] noch nicht hatte, und wundre mich, wie ich mich alle Tage wundre, und wünsche Dir, daß Du auch in Eurem zweiten Jahr2], dem zweiten seit jenem denkwürdigen Polter-Theater3], Dich immer wieder und immer gleich wundern möchtest –– und danke Dir für das große Opus Deines letzten Lebensjahres, mich in das Sanatorium meiner Berlin-zerrütteten Seele geführt zu haben und mir ein gar kräftig Trünklein eingegeben, das süß schmeckt und bitter zugleich4], aber der Nachgeschmack ist süß: Das merke ich jetzt mehr als im „Sanatorium“ und bin im Phäakenlande | mitten in Babylon und sehe Baylon mit Phäakenblicken und spreche mit Odysseus zu Nausikaa: γούνουμαί σε ανάσσα θεός γέ σύ ἥ βρότος ἔσσιHom. Od. VI, 149. .... freilich fällt hier kein Ball in die Wellen, daß sie mit ihm spielen... aber dennoch spielen wir–––

        Dein Paul
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        Lieber Frede,

        nachdem ich vergebens die letzten Sätze von Deinem Schwager mich zu verstehen bemühte habe; bleibt mir nichts anderes übrig auf gut Glauben dieselben zu unterschreiben. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstage. Wenn der Arzt mir weniger auf der Seele läge, wäre an diesen Tagen nichts auszusetzen.

        Mit Grussen an Johanna.
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