Undatiertes Brieffragment an Paul Tillich aus dem Jahr 1926 oder danach

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Lebens noch so viel Schönheit und Freude zu geben, wie in meinen Kräften steht. – An schönen Tagen durchwandern wir unsere Mark und an Regentagen liest er mir vor und ich sitze mit einer Handarbeit dabei. Seit kurzer Zeit habe ich meine Brüder u. die Storkower in mein Vorhaben eingeweiht. Man ist allerseits sehr nett gewesen. Hans brachte mir leihweise vor ein paar Wochen Dein Buch "Die religiöse Lage der Gegenwart." Peter und ich lesen es gemeinsam u. sagten, daß wir es uns kaufen und nochmals | lesen wollten. Du kannst Dir garnicht denken wie groß mein Glück und meine Freude war,also als gerade am 5.III. abends das Buch mit Deiner Widmung hier ankam. Ich konnte es ihm nun als größte Überraschung am nächsten Tage auf seinen Geburtstagstisch legen und konnte nun erleben, daß er sich ebenso sehr freute wie ich. Wie oft und mit wie viel Liebe und Stolz hatte ich ihm schon von Dir erzählt!!! Ja, Paul, unsere Freundschaft ist wohl mit mein kostbarster, innerer | Besitz u. daher nur zu empfinden aber nicht erschöpfend zu schildern. Wenn wir Deinem Geistesflug noch sicher nur bis zu den untersten Stufen folgen können, so bleibt doch immer noch genug Anregung für uns, daß es sich lohnt auch uns einmal eins Deiner Geisteskinder in die Hände zu legen. Und so danken wir Dir dann Beide für die große Freude, die Du uns mit diesem Geschenk bereitet hast. Auch in seinem Auftrage grüße ich Dich herzlich. Ich bitte, daß Ihr auch weiterhin über meine | Angelegenheit nicht sprecht. Ich muß diese Vorsicht meiner geplanten Pensionierung wegen üben. Nun habe ich Dir so viel Zeit gestohlen, aber es war mir ein Bedürfnis Dir einmal alles zu sagen.

Ich grüße Deine Seele und bin immer Deine
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    Personen:

    Literatur:

    • Tillich, Paul, Die religiöse Lage der Gegenwart, Berlin 1926.